Atomkraft in der Slowakei

In der Slowakei laufen derzeit fünf Reaktoren an zwei Standorten, die 2022 59,2 Prozent der Stromerzeugung des Landes lieferten.

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Atomenergienutzung

In der ehemaligen Tschechoslowakei wurde bereits 1958 ein eigener 110-MW-Reaktortyp entwickelt, der 1972 als A1 in Bohunice (jetzt Slowakei) in Betrieb ging. Nach 2 Unfällen (mit 2 Todesopfern) 1976 und 1977 wurde der Reaktor geschlossen, und die tschechoslowakische Atomindustrie stieg auf die damals im Ostblock bewährte sowjetische Reaktorlinie WWER um. Die Mochovce-Reaktoren stammen aus der zweiten Generation russischer AKWs. Als noch riskanter wurden allerdings die ersten zwei Blöcke in Bohunice eingestuft. Daher wurde im EU-Beitrittvertrag das Aus für diese riskanten Reaktoren beschlossen. Versuche der Slowakei, im Zuge der Gaskrise im Jänner 2009, ein Wiederanfahren des gerade geschlossenen Reaktors entgegen den EU-Vereinbarungen zu erreichen, stießen auf massiven Protest und wurden nicht durchgeführt. 

AKW Mochovce

GLOBAL 2000 / Martin Aschauer

2004 wurde die Privatisierung des bisherigen Monopolisten in der slowakischen Energieversorgung, Slovenské elektrárne, eingeleitet: Slovenské elektrárne wurde im Jahr 2004 an die italienische Enel verkauft. Enel verpflichtete sich im Gegenzug, die Blöcke 3 und 4 in Mochovce zu bauen. Diese Reaktoren haben eine lange Geschichte: bereits 1978 entschloss sich die damals noch kommunistische Tschechoslowakei zum Bau von vier Atomreaktoren des alten sowjetischen Typs WWER 440/213, nahe der slowakischen Ortschaft Mochovce, nur 100 km von der österreichischen Grenze entfernt. Nach Unterbrechungen im Bau nahmen dann 1998 und 1999 zwei Reaktoren ihren kommerziellen Betrieb auf, zwei weitere wurden ab 2008 weitergebaut, wobei es zu massiven technischen Problemen mit der überalterten Bausubstanz und Baufehlern aus Unwissenheit und aus krimineller Absicht kam

Die vorgesehenen Reaktorkonzepte stammen aus den 70er Jahren und sind völlig veraltet. Ein Containment, das bei einem Unfall die Radioaktivität zurückhält, fehlt. Die Anlage ist nur unzureichend gegen Flugzeugabstürze gesichert. Eine Lösung für die Lagerung des anfallenden Atommülls gibt es auch in der Slowakei nicht.

Aufgrund von vielen Whistleblower-Warnungen vor Pfusch auf der Baustelle der Uralt-Reaktoren konnte GLOBAL 2000 im Jahr 2019 eine internationale Prüfung der Baustelle durch eine Kommission der IAEO durchsetzen. Seit 2023 läuft Reaktor 3 in Mochovce, wobei es auch bei und nach der Inbetriebnahme zu Sicherheitsproblemen kam, die GLOBAL 2000 bei der slowakischen Atomaufsicht und der slowakischen Kriminalpolizei (NAKA) zur Anzeige bringt.

Der Anteil der Atomenergie am Gesamtstrom beträgt 59,2 %.

Standort Bohunice

Blocknr Typ Nettoleistung Inbetriebnahme
Block A1 Druckröhrenreaktor
KS-150
93 MW 12/1972 - 05/1979
stillgelegt
Block 1 Druckwasserreaktor
WWER-440/230
408 MW 12/1978 - 12/2006
stillgelegt
Block 2 Druckwasserreaktor
WWER-440/213
408 MW 03/1980 - 12/2008
stillgelegt
Block 3 Druckwasserreaktor
WWER-440/213
436 MW 08/1984
Block 4 Druckwasserreaktor
WWER-440/213
436 MW 08/1985

Block 3 & 4: Hochrisikoreaktor, kein Containment

Störfälle (Auswahl):

  • 1976: Block A1: Austritt von radioaktiv kontaminiertem Kühlmittel in die Reaktorhalle, zwei Mitarbeiter ersticken.
  • 1977: Block A1: beim Einsetzen eines Brennelements werden Reste des Trocknungsmittels Silicagel vergessen, diese verstopfen die Kühlung, im Reaktor kommt es zu einer partiellen Kernschmelze und radioaktiv verseuchtes schweres Wasser kontaminiert den Primär- und Sekundärkreislauf.
  • 1991: Block A1: bei dem Versuch, die Brennelemente aus dem havarierten Reaktor zu holen, stürzt ein Verladekran ein, mehrere Arbeiter und die Reaktorhalle werden massiv radioaktiv kontaminiert. Der Vorfall wird geheim gehalten, erst 2008 sickern Informationen durch.
  • 2010: Block 1: Feuer infolge eines Kurzschlusses im Verwaltungsgebäude neben dem abgeschalteten, aber noch immer radioaktiv belasteten Block, kann gelöscht werden, bevor die Flammen übergreifen.

Standort Mochovce

Blocknr Typ Nettoleistung Inbetriebnahme
Block E1 Druckwasserreaktor
WWER-442/213
436 MW 07/1998
Block E2 Druckwasserreaktor
WWER-442/213
436 MW 12/1999
Block E3 Druckwasserreaktor
WWER-442/213
405 MW In Bau 1985-1993

2008 – tatsächlich Netzanschluss Jänner 2023

Block E4 Druckwasserreaktor
WWER-440/213
405 MW In Bau 1985-1993;
2008-

Alle Blöcke Hochrisikoreaktoren, kein Containment

Störfälle (Auswahl):

  • 26.November 2010: Block 2: Brand eines Turbogenerators.
  • September 2019: Block 2: Bei Kontrollen wird festgestellt, dass das Druckabbau-System nicht luftdicht ist, Ventile und Türen sind undicht – die Betreibergesellschaft lässt den Reaktor jedoch über ein Jahr weiterlaufen bis zur nächsten regelmäßigen Wartung. Ende 2020 verhängt die Nuklearaufsicht eine Strafte von 100.000 Euro für diesen Sicherheits-Verstoß.