Atomkraft in Ungarn

In Ungarn werden vier Reaktoren an einem Standort betrieben.

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Atomenergienutzung

In Ungarn sind vier Atomreaktoren aus der sowjetischen Baureihe am Standort Paks, südlich von Budapest, in Betrieb. Nach einem schweren Störfall im Jahr 2003 wurde ein Reaktor längere Zeit abgeschaltet. Das AKW Paks lieferte 2022 47 Prozent der ungarischen Stromproduktion. Bis 1997 produzierten die Mecsek-Mine 21.000 Tonnen Uran, seit 1998 läuft die Sanierung mit enormen Kosten. Sie wurde über das PHARE-Programm (Poland and Hungary: Aid for Restructuring of the Economies) der EU finanziert und beläuft sich auf US$ 170 Millionen.

Atompolitische Debatte

Im April 2009 beschloss das Parlament in einer Grundsatzentscheidung die Aufnahme der Vorbereitungen für den Bau eines neuen Reaktorblocks im Atomkraftwerk Paks (Zentralungarn). Vorgesehen ist, die Kapazität des Kernkraftwerks von derzeit jährlich 2.000 auf rund 4.000 MW zu erhöhen. Für die Vorlage stimmten 330 Abgeordnete, dagegen 6, bei 10 Enthaltungen. Laut den Planungen sollte der erste Reaktor 2020 ans Netz gehen – das ist nicht erfolgt.

Nach einem Rahmenvertrag zwischen dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban und dem russischen Präsidenten Vladimir Putin von 2014 wird der Standort Paks um zwei russische Druckwasserreaktoren AES-2006 erweitert. Russland leiht der ungarischen Betreibergesellschaft dafür € 10 Milliarden, die mit Zinsen bis 2046 zurückgezahlt werden sollen. Erst 2022 wurde die Baubewilligung erteilt – das Projekt verzögert sich bereits vor Baubeginn um 5 bis 7 Jahre, eine Inbetriebnahme vor 2030 ist unrealistisch.

Anti-Atom-Proteste

In Ungarn gab es immer wieder Proteste gegen die Atomtransporte nach Russland. Bei einer Demonstration gegen die geplante Laufzeitverlängerung im Sommer 2003 wurden einige (Greenpeace-)AktivistInnen unter inhumanen Bedingungen festgesetzt. Sowohl in Bátaszék als auch in Pécs bildeten sich Bürgerinitiativen gegen den drohenden Uranabbau in Ungarn und auch die großen Umweltschutzorganisationen wie Energia Klub, Greenpeace und Friends of the Earth engagieren sich bei diesem Thema.

Atommüll

Im Oktober 2008 wurde in Bataapati, rund 180 Kilometer südwestlich von Budapest, ein Lager für schwach- und mittelradioaktiven Abfall eröffnet, vorerst mit überirdischen Lagermöglichkeiten, ab 2010 soll es auch unterirdische Lagermöglichkeiten geben. Ein Endlager ist bei Boda in den Mecsek-Bergen geplant und dessen geplante Inbetriebnahme für das Jahr 2047 vorgesehen. Erste Untersuchungen wurden 2001 durchgeführt, bisher gab es jedoch erst einige Oberflächenuntersuchungen.

Der Anteil der Atomenergie am Gesamtstrom beträgt 47 Prozent.

Standort Paks

Blocknr Typ Nettoleistung Inbetriebnahme
Block 1 Druckwasserreaktor WWER-440/V213 470 MW 12/1982
Block 2 Druckwasserreaktor WWER-440/V213 443 MW 09/1984
Block 3 Druckwasserreaktor WWER-440/V213 443 MW 09/1986
Block 4 Druckwasserreaktor WWER-440/V213 473 MW 08/1987

Alle Blöcke: Hochrisikoreaktor, kein Containment

Störfälle (Auswahl):

  • 2003: Block 2: bei der Reinigung von Brennelementen werden deren Umhüllungen beschädigt, radioaktive Gase treten aus dem Reaktorgebäude aus.
  • 2013: Block 3: Im Wasserkreislauf des Abklingbeckens wird ein plötzliches Absinken des Wasserstands um mehr als 1000 Liter pro Tag bemerkt, das Abklingbecken wird geleert. An den in Betondecken verbauten Kühlrohren werden massive Rostschäden mit mehreren Durchrostungen festgestellt, die teilweise repariert werden – Grund für Korrosion nicht klar, dennoch System wieder in Betrieb genommen
  • 2017: Block 1: Eine Turbine fällt aus, Leistungsreduktion nur auf die Hälfte und Weiterbetrieb
  • 2021: Block 2: „Fehlfunktion“ des Öl-Systems eines Generators, Reaktorleistung wird um die Hälfte reduziert