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AKW Paks
Der geplante Neubau von zwei Reaktorblöcken am ungarischen Atomkraftwerk Paks muss verhindert werden.
Ungarn betreibt die Erweiterung des bestehenden AKW Paks um zwei 1200 MW Reaktorblöcke. Österreich wäre durch die räumliche Nähe bei eventuellen Unfällen betroffen – Paks liegt etwa 180 km von der Grenze entfernt. Darüber hinaus würde der subventionierte Atomstrom direkte Auswirkungen auf die Konkurrenzfähigkeit von österreichischem Ökostrom haben.
Sollten die zwei neuen Reaktoren tatsächlich fertiggestellt werden (geplantes Fertigstellungsdatum: 2024) und – entgegen ursprünglichen Ankündigungen – auch parallel laufen, würde der Standort des AKW Paks mit seinen insgesamt sechs Reaktorblöcke 86 % des ungarischen Stroms liefern. Ein Teil dessen könnte auch nach Österreich exportiert werden. Das Projekt – welches zu 80 % durch einen russischen Staatskredit finanziert wird – ist unter marktwirtschaftlichen Bedingungen nicht durchführbar: Es wurde nicht ausgeschrieben und wird durch den ungarischen Staat finanziert, wobei die Kosten intransparent sind.
Hintergrundinformationen zum AKW Paks
AKW-Projekt Paks II: Zwei Autokraten und ein Atom-Deal
Im Jahre 2014 wurde der Vertrag unterzeichnet: Die Kosten für zwei neue russische Druckwasserreaktoren AES 2006 (je 1200 MW) beliefen sich auf € 12,5 Milliarden. Das sind ungerechnet € 5208,33 pro Kilowatt installierte Leistung. Bis 2046 soll der € 10 Milliarden-Kredit von Russland zu einem Zinssatz von 4,95 % abbezahlt werden. Der Rückzahlungsbeginn wurde zunächst mit 2026 festgelegt, egal, ob das AKW bis dahin fertig ist oder nicht. Da bis heute für das AKW nicht einmal alle wesentlichen Genehmigungen vorliegen – etwa der Sicherheitsbericht oder die wasserrechtlichen Bewilligungen – wurde bei einer von Orbáns Reisen nach Moskau eine Verschiebung der Ratenzahlung erwirkt. Details sind nicht bekannt.
Bestehendes AKW Paks
Momentan besteht das AKW Paks aus vier sowjetische Reaktoren WWER-440/V213, die von MVM (Staatsbesitz) betrieben werden. Das Atomkraftwerk produzierte 2014 mehr als die Hälfte (53,59 %) der ungarischen Stromversorgung.
Details zu den Reaktoren sowie Zwischenfälle und Störfälle im AKW Paks finden Sie hier:
Neubau-Projekt Paks II
Anfang 2009 entschied sich Ungarn bis 2020 zwei neue Blöcke in Paks zu bauen (2000 MW). Im Jahr 2012 bildete die ungarische Regierung unter dem Vorsitz von Ministerpräsident Viktor Orban eine Kommission. Das MVM Projekt Lévai soll daraufhin eine Ausschreibung des Projekts vorbereiten. Der Prozess wurde mehrfach verschoben und ist schließlich nie passiert.
2014 kommt dann die überraschende Wendung. Am 14. Jänner 2014 unterschreiben Russlands Premierminister Vladimir Putin und Viktor Orban einen Rahmenvertrag für den Bau mit einer Reihe von Sub-Verträgen zu Atom-Brennstoffen, Atommüll und Reparatur. Im Parlament wird diesem Deal mit 256 zu 29 Stimmen zugestimmt, auch Präsident Janos Ader stimmt schließlich zu.
Wirtschaftsminister Mihaly Varga erklärte, dass es aus Russland für den Neubau einen € 10 Mrd. Kredit geben wird, womit 80 % der Kosten gedeckt werden können. Das heißt, die neuen Reaktoren kosten € 12,5 Mrd. für 2400 MW. Von Beginn an beteiligt sich der ungarische Staat mit 20 %.
Top Secret
Im März 2015 erweitert das ungarische Parlament die Geheimhaltungsklauseln für die Verträge auf 30 Jahre aufgrund von „nationalen Sicherheitsinteressen“. Das hat zur Folge, dass alle wirtschaftlichen, technischen und entscheidungsvorbereitenden Dokumente geheim gehalten werden. Der Zugang zu Informationen wird unzulässig über ein Bedürfnis nationaler Sicherheit und Copyright hinaus eingeschränkt.
Nukleare Schmuddelgeschäfte
- Es fand keine Ausschreibung für den Bauvertrag statt.
- Der Bauvertrag basiert vorgeblich auf einem Vertrag Ungarns und der Sowjetunion von 1966 (der für 6 Reaktoren war – wovon nur 4 gebaut wurden).
Widerstand aus Ungarn
Mitte 2014 reicht die NGO Energiaklub wegen illegaler Staatsbeihilfen eine Beschwerde bei der EU-Wettbewerbskommission ein. Außerdem schließen sie sich mit anderen NGOs zusammen und wenden sich wegen des Entscheidungsprozesses und der fehlenden Informationen an das Aarhus Implementierungskomitee der Vereinten Nationen.
Fehler im UVP-Verfahren
Geheime Dokumente, die dem ungarischen Europaparlamentarier Benedek Javor zugespielt wurden, weisen auf fundamentale Fehler in der Umweltverträglichkeitserklärung (UVP) des Projekts und damit im Verfahren hin:
- Der Wärme-Eintrag in die Donau durch die Ableitung des Kühlwassers wurde falsch berechnet.
- Die Sicherheitsmerkmale des ohne Alternativenprüfung ausgewählten, bisher noch nie gebauten, Reaktortyps AES 2006 werden nicht erläutert.
- Der Quellterm (Annahme für die Freisetzung von radioaktiven Stoffen) bei einem möglichen Unfall ist unrealistisch niedrig – tausendmal niedriger als beim Tschernobyl-Super-GAU.
Hier finden Sie die GLOBAL 2000 Stellungsnahme zum UVP Paks II
Staatsbeihilfen-Prüfung der EU
- März 2015: Die EU-Kommission bestätigt, dass der Liefervertrag für Nuklearbrennstoff ausschließlich mit Russland EURATOM-widrig ist (Versorgungssicherheit).
- April 2015: Die EU-Kommission und die ungarische Regierung einigen sich darauf, dass Russland Paks nur 10 Jahre mit Brennstoff versorgen wird - ursprünglich sollten es 20 Jahre werden.
- November 2015: Die EU-Kommission leitet ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn ein. Grund dafür sind Bedenken der Vereinbarkeit mit der EU bezüglich der Vorschriften des öffentlichen Auftragswesens (public procurement/lack of tender Directives 2004/17/EC und 2004/18/EC)
- November 2015: Die EU-Kommission leitet eine beihilfenrechtliche Untersuchung zu Paks II und dessen Staatlicher Beihilfen ein. Insbesondere geht es darum, ob ein privater Investor zu vergleichbaren (marktwirtschaftlichen) Bedingungen finanziert hätte wie Russland.
- November 2016: Die EU-Kommission stellt das Vertragsverletzungsverfahren wegen „technischer Exklusivität“ ein, worauf auf Ratschlag des EU-Kommissars Oettinger die Regierung Orbán setzte, um so rechtlichen Folgen zu entkommen.
- März 2017: Die EU-Kommission entscheidet die Zulässigkeit der Beihilfe. Am 1. Dezember 2017 wird die Beihilfenentscheidung im Amtsblatt veröffentlicht.
- Februar 2018: Die Republik Österreich reicht auf Drängen von GLOBAL 2000 eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gericht (EuG) gegen die Beihilfenentscheidung ein.
Republik Österreich klagt gegen AKW Paks
Die Republik Österreich hat am 22. Februar 2018 eine Nichtigkeitsklage gegen die EU-Freigabe von Staatsbeihilfen für das ungarische Atom-Projekt Paks II. erhoben. Der Europäische Gerichtshof befasste sich mit der Frage, ob das Projekt laufend Beihilfen benötigen würde (wettbewerbswidrige Betriebsbeihilfen), ob es bei der Vergabe des Projekts an den russischen Reaktorbauer ROSATOM ohne Ausschreibung zu Verstößen gegen EU-Vergaberecht gekommen ist und ob Atomkraft an sich eine förderungswürdige Technologie ist. Aufbauend auf der rechtlich umstrittenen Basis des EURATOM-Vertrags hat auch hier – wie bereits bei Hinkley Point C – der Gerichtshof gegen die österreichische Klage entschieden.
Schwere Erdbebengefahr am Standort Paks: Aktive Bruchlinie wird vertuscht – AKW kann bei einem Erdbeben versinken
Eine Studie aus der Uni Wien zeigte 2021 auf, dass die bekannte seismisch aktive Zone unter dem AKW Paks noch wesentlich gefährlicher ist als befürchtet. Mit der neuen Methode der sogenannten Paleoseismik wurde über ausgehobene Gräben nachgewiesen, dass bei einem Beben der Boden versetzt werden kann und sogar die Verflüssigung des Bodens möglich ist – Gebäude des AKW würden darin versinken.
Neue Gefahren und neue Klage wegen Überhitzung der Donau
Wir werden unsere rechtlichen Möglichkeiten nutzen: Die bereits jetzt überholten Zahlen der Umweltgenehmigung von 2017, die die Wassertemperatur der Donau im Abschnitt von Paks mit 30° festlegen, wurden bereits erreicht. Schon im Sommer 2024 und nicht erst, wenn die geplante Verdopplung der Leistung und ebensolche Einleitung von aufgewärmtem Kühlwasser erfolgt, erließ die Regierung in Budapest einen Blankoscheck für Paks: Bisher musste die Leistung schrittweise reduziert werden. Ab sofort kann Paks die Donau nach Belieben aufheizen.
GLOBAL 2000 hat eine Stellungnahme dagegen erhoben, vor allem da die Gefährdung des Biotops Donau nicht einmal untersucht wurde. Bekannt ist allerdings, dass schon jetzt in diesem Abschnitt die thermische Belastung den Sauerstoffgehalt reduziert hat, das Algenvorkommen erhöht und die ganze Nahrungskette beeinträchtigt hat. Dieses zerstörte Habitat ist dann eine leichte Beute für invasive Arten, die die verbliebenen heimischen Arten verdrängen und die Biodiversität der Donau gefährden.
Berichte zeigen, dass seit Inbetriebnahme des AKW die Durchschnittstemperatur der Donau um fast 3 Grad Celsius gestiegen ist. Entlang des AKW gibt es eine Unterwasserwüste! Die unlimitierte Temperaturerhöhung kann eine vollständige Zerstörung des Ökosystems und weiteren Verlust der Artenvielfalt auslösen.
Gegen diese unglaublichen Genehmigungen werden wir klagen, zunächst bei den Behörden in Budapest und dann nach ESPOO, der Konvention über die grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung. Es gibt nicht nur Probleme mit der Wassertemperatur, auch die seismische Sicherheit ist nicht nachgewiesen und das werden wir angreifen, bevor die tatsächliche Baugenehmigung und der finale Sicherheitsbericht vorliegen.