Gene Drive mit der Neuen Gentechnik

Wie mit der Neuen Gentechnik-Methode „Gene Drive“ ganze Populationen ausgelöscht werden können und warum die Gentech-Lobby sie trotzdem als Maßnahme gegen das Artensterben verkauft.

GLOBAL 2000

Pickerl drauf!

Eine der radikalsten Varianten der Neuen Gentechnik ist wohl derzeit Gene Drive. Sie sorgt dafür, dass sich gentechnische Veränderungen in Pflanzen und Tieren quasi von selbst reproduzieren, und zwar so, dass sie die Gesetze der Vererbungslehre aushebeln und binnen weniger Generationen in nahezu allen Nachkommen vertreten sind. Dieser Mechanismus wiederholt sich selbstständig in jeder neuen Generation - eine gentechnische Kettenreaktion. 

Das Ziel von Gene Drive Organismen ist es, ihre Artgenossen in der Natur zu verdrängen oder sogar auszurotten. Ihre Freisetzung kann nicht mehr rückgängig gemacht werden und hat damit unvorhersehbare Folgen für ganze Ökosysteme und Nahrungsketten. Die Technik kann theoretisch für alle möglichen Organismen verwendet werden: Insekten, Säugetiere, Pflanzen oder Mikroorganismen.

Aktuell gibt es keine international verbindlichen Bestimmungen über die Freisetzung von Gene Drive Organismen in die Umwelt, umso wichtiger ist es, sich für einen weltweiten Stopp (Moratorium) jedlicher Freisetzungen einzusetzen.

Gene Drive verspricht Ende der „Super Weeds“

Mit dieser Technik könnten „neue“ Pflanzen- oder Tierarten erschaffen werden - eine Bereicherung der natürlichen Biodiversität, argumentiert die Gentech-Lobby. Die Ergebnisse sind allerdings fragwürdig: Mit dem Anbau von Gen-Soja (in den USA mittlerweile 94 % des Sojaanbaus), das gegenüber Glyphosat resistent ist, wurde das Pestizid großflächig ausgebracht, um Unkräuter zu beseitigen. Die Folge davon: Glyphosat-resistente Super-Unkräuter (so genannte "Super Weeds"). Zur Bekämpfung der unerwünschten Beikräuter werden derzeit teilweise noch gefährlichere Herbizide oder Kombinationen von Herbiziden eingesetzt, um diese Form der intensiven Landwirtschaft weiter betreiben zu können. Die Lösung der Neuen Gentechnik: Durch Gene Drive mit CRIPSR/Cas sollen die Unkräuter wieder "empfänglich" für Glyphosat gemacht werden. Damit der großflächige Anbau von Gen-Soja weitergehen kann...

Dass sich diese modifizierten Gräser mit Nahrungspflanzen auskreuzen können und welche drastischen Folgen das für ganze Ökosysteme haben kann, wird dabei jedoch nicht bedacht.

"Populationsmanagement" mit Gene Drive

In einem US-amerikanischen Projekt wird mit Gene Drive die Vererbungslehre ausgetrickst, um so Plagen auszurotten und die Verbreitung von invasiven Arten zu minimieren.

Gene Drive in der Malaria Mücke
Derzeit wird diese Methode im Zusammenhang mit der Ausrottung der Malaria-Mückeexternal link, opens in a new tab erforscht. Das Genom soll so verändert werden, dass nur mehr männliche Nachkommen entstehen und so die Mückenpopulation zusammenbricht.

Gene Drive in der Malaria-Mücke

GLOBAL 2000 / Evelyn Knoll

Paaren sich Gene Drive-Mücke und wilde Mücke, entstehen daraus ausschließlich gentechnisch veränderte männliche Mücken, die sich nicht mehr fortpflanzen können und die Art stirbt aus.

Was auf den ersten Blick gut klingt, birgt einige Haken:
Zum einen ist die Technologie nicht ausgereift. Bisher ist es noch nicht gelungen, eine Anopheles-Mücken-Population wirklich zum Zusammenbrechen zu bringen. Kritische WissenschafterInnen geben zu bedenken, dass sich der Erreger der Malaria einfach einen neuen Wirtsorganismus für die Übertragung suchen könnte und damit das Problem nicht gelöst wäre. Die Risiken dieser sehr invasiven gentechnischen Veränderung wurden zudem bisher nicht untersucht, trotzdem wurden bereits erste Freilandversuche unternommen. Im Juli 2019 wurden erstmals gentechnisch veränderte Anopheles-Mücken in Burkina Faso freigesetztexternal link, opens in a new tab.

Gene Drive kann theoretisch nicht nur für Insekten eingesetzt werden, sondern auch für Nagetiere oder Pflanzen. Es gibt Versuche, Mäuse- und Rattenpopulationen damit auszurotten oder invasive Arten auf Inseln auszulöschen.

Wie sich die Ausrottung ganzer Tierpopulationen auf die Nahrungskette auswirkt und viele weitere Fragen werden dabei nicht berücksichtigt. 

Ökologische Verantwortung sieht anders aus

Durch Gentechnik und vor allem durch die neuen gentechnischen Methoden tauchen viele Fragestellungen auf, an denen noch viel zu wenig geforscht wird:

  • Wie wirken sich die Veränderungen auf die Bodenorganismen aus? 
  • Was passiert, wenn die Blüten der "neuen" Pflanze plötzlich nicht mehr "attraktiv" sind für Bestäuber? 
  • Was passiert mit den Tieren, die auf die Futterpflanzen angewiesen sind, wenn diese für sie plötzlich ungenießbar werden? 
  • Werden neue Gifte entstehen, die für nützliche Arten gefährlich sind? 
  • Wenn sich Insektenpopulationen dezimieren - was passiert dann mit den ohnehin bedrohten Vogelarten? 
  • Welche weitreichenden Folgen ergeben sich, wenn sich eine geCRISPRte Pflanze mit einer verwandten Wildart auskreuzt? 
  • Was bedeutet das für die Pflanze selbst, wenn sie eine neue Eigenschaft "aufgedrückt" kriegt oder ihr eine für sie vielleicht essentielle Eigenschaft einfach entfernt wurde? 

Immer mehr WissenschafterInnen warnen davor, gentechnisch veränderte Pflanzen in die Umwelt freizusetzen ohne diese Fragen zu beleuchten und dahingehend Forschung zu betreiben. Werden sie einfach übergangen, drohen womöglich irreversible Schäden für die Umwelt und die Ökosysteme.

Investition in einen besseren Schutz der Biodiversität

Derzeit fließen mehrere 100 Millionen Dollar alleine in die Forschung zu Gene Drive. Große Hoffnungen machen sich am Ende wieder die Saatgut- und Pestizid-Konzerne, die sich jetzt um Patente und Lizenzen zur Neuen Gentechnik bemühen. Sehr viel effektiver könnte man die Vielfalt in der Natur, im Garten, aber auch in der Landwirtschaft mit viel günstigeren Maßnahmen und ohne die lange Liste potentieller Risiken unterstützen:

Dazu kann jede und jeder einzelne von uns aktiv werden: nationalparkgarten.atexternal link, opens in a new tab

Nicht nur im Garten, auch in der Landwirtschaft wäre es längst an der Zeit, auf Bio-Saatgut umzusteigen. Hier sind die Forschung und die Förderungen in den vergangenen Jahren massiv zurückgegangen. Dabei bieten ökologisch gezüchtete Sorten nicht nur eine tolle Nahrungsquelle für Insekten, sie liefern auch besonders gute Eigenschaften für die Herausforderungen unserer Zeit. Vielen Herausforderungen der Klimaerhitzung können diese Sorten in einer ökologischen Landwirtschaft besser Stand halten. Mehr Infos dazu zum Beispiel hier bei der IG Saatgutexternal link, opens in a new tab.