27.11.2020

Mochovce: Safety Review bestätigt Sicherheitslücken

Ein bislang unter Verschluss gehaltener Bericht der Atomaufsichtsbehörde IAEA bestätigt die gravierenden Sicherheitsmängeln am AKW Mochvoce 3. Auch der slowakische Geheimdienst Chef kritisiert den maroden Reaktor.

Auf Druck von GLOBAL 2000 und über 260.000 Unterstützer:innen, sowie einer slowakischen NGO wurde Ende 2019 eine Sicherheitsmission der Atomaufsichtsbehörde (IAEA) am maroden AKW Mochovce 3 durchgeführt. Ein Team aus erfahrenen Atom-Ingenieuren und Fachleuten untersuchte dabei die Betriebssicherheit der Anlage. 

Im Sommer 2020 wollten wir natürlich wissen, zu welchem Ergebnis die Untersuchung führte. Wir stellten eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz, doch die Betreibergesellschaft weigerte sich den Bericht herauszugeben. Durchgesickerte Informationen ließen schon damals darauf schließen, dass die Ergebnisse eher kritisch ausfallen. 

Gemeinsam mit einer slowakischen NGO-Juristin haben wir es nun geschafft, den Bericht der durchaus atomfreundlichen IAEA doch noch zu erhalten. Und die Ergebnisse unterstützen unsere Forderungen: Reaktor 3 im AKW Mochovce darf so nicht ans Netz gehen.

Jezt Safety Review downloaden

Der Bericht stellt ein vernichtendes Zeugnis über den aktuellen Zustand auf der Mochovce-Baustelle aus: 22 Problemfelder mit mehreren dutzend Beispielen und vielen Verbesserungsnotwendigkeiten werden vom Pre-Operational Safety Review Team aufgelistet.

Bestätigung unserer Einschätzung

Durch die Veröffentlichung hat nun die slowakische Öffentlichkeit Zugang zum Bericht. Diese musste schockiert feststellen, dass die Einschätzungen der Kritiker aus Österreich bestätigt werden.

Laut Bericht ist das Atomkraftwerks-Management aktuell nicht auf eine sichere Inbetriebnahme von Reaktor 3 vorbereitet: Es werden keine hohen Standards gesetzt, die einen sicheren Betrieb garantieren würden. Die Sicherheitskultur des Managements und der Aufsicht wird angezweifelt.

Es werden zahllose Beispiele für diese Probleme aufgezählt, wie etwa die Beobachtung, dass „das Monitoring wichtiger Parameter über die Bedingungen des Atomkraftwerks und der Anlagen durch das Personal im Kontrollraum verbessert werden müsste, um die Sicherheit der Anlagen und des Kraftwerks zu sichern“.

Auch die Passage über eine Feuerwehr-Übung im November 2019 ließ Zweifel aufkommen: „Die Feuerwehr traf schnell ein, doch hatten sie keinen Schlüssel für diesen Raum. Dann war unklar, wer für die Öffnung der Türe zuständig ist.“

Der Report kritisiert das Wegschauen der Manager auf der Baustelle. So zum Beispiel bei Schweiß- und Schleifarbeiten ohne ausreichende Schutzvorrichtungen vor den Gebäuden mit den Notstrom-Dieselgeneratoren, bei Beschädigungen von Rohrleitungs-Verkleidungen im Kernbereich der Atomanlage. Aber auch beim Strahlenschutz, so kam es in den vergangenen zwölf Monaten allein zu fünf Strahlenquellen-Zwischenfällen auf der Baustelle.

Die Experten stellen sogar eine Verschlechterung von 2017 bis 2019 fest - anders als vom Betreiber behauptet, sind diese Probleme also nicht behoben.


Diese katastrophale Sicherheitskultur bei den Arbeiten auf der Atom-Baustelle wurde 2019 von einem der Whistleblower bestätigt, der als Arbeitsinspektor auf der Baustelle gearbeitet hatte und uns umfangreiches Bildmaterial als Beleg vorlegte.

Arbeiten ohne Schutzvorrichtung

Offener Boden im AKW Mochovce 3

Kaputte Bodenplatten im AKW Mochovce 3

Geheimdienstchef kritisiert Sicherheitskultur & Korruption

Der neue Chef des slowakischen Geheimdiensts SIS beklagte diese Woche in einem Interview massive Probleme in Mochovce: Vladimír Pčolinský sprach einerseits die grassierende Korruption beim Bau des Atomreaktors an. Dieses Jahr kam es bereits zu mehreren Razzien der slowakischen Kripo auf der Baustelle und Korruptions-Ermittlungen gegen führende Manager führte. Andererseits sieht der Geheimdienst-Chef ein völliges Kontrollversagen bei der Bauleitung und auch bei der Atomaufsicht des Landes:

Es war einfach ein Chaos, Lieferanten lieferten minderwertige und nicht zertifizierte Produkte, die Aufsicht führte einige Inspektionen eher auf dem Papier als wirklich durch“.

Der Nachrichtendienst der Slowakei SIS befasse sich schon lange mit Mochovce und informiere über die festgestellten Missstände oft bis zu viermal im Monat. Allerdings blieb eine adäquate Reaktion der höchsten Vertreter des slowakischen Staates aus. Nicht so sehr Korruption und Betrug auf der Baustelle seien das Problem, damit befasst sich bereits die Polizei, sondern die nukleare Sicherheit selbst.

Der IAEA-Bericht belegt, dass dem Papier nicht vertraut werden kann, auf dem die Bauleitung die angebliche Einhaltung von Sicherheitsvorschriften beschreibt.

Das ist besonders relevant für die von uns mit Whistleblowern aufgedeckten möglichen Statik-Schäden an der hermetischen Hülle des Reaktors durch unkontrollierte Bohrungen. Diese sollten ebenfalls ‚auf dem Papier‘ sicher sein.

Die Untersuchung durch die IAEA und die Veröffentlichung des Berichts wäre nicht ohne die Hilfe unserer zahlreichen UnterstützerInnen möglich gewesen. Unsere Bedenken und Forderungen von einer atomkraft-befürwortenden Kontrollinstanz bestätigt zu bekommen, ist ein großer Erfolg! Vielen Dank an alle, die mit uns gegen den Schrottreaktor kämpfen. Damit ist ein weiterer wichtiger Schritt hin zum Stopp vom Mochovce 3 gelungen. 

Und jetzt?

Nach der Veröffentlichung dieses vernichtenden Untersuchungs-Berichts ist eine vollkommene, transparente Neuüberprüfung der veralteten Anlage notwendig. Wir fordern bis dahin einen sofortigen Baustopp für die Chaos-Baustelle, auf der offenkundig immer noch Pfusch und Korruption außer Kontrolle sind.