Das mehr als 35 Jahre alte Kernkraftwerk in Dukovany bei Brünn ist immer noch aktiv. Zahlreiche Störfälle der letzten Dekaden zeigen, wie schnell eine Atomkatastrophe wieder auftreten kann. 

 

AKW Dukovany (c) Brigitte Baldrian

Brigitte Baldrian

Das Atomkraftwerk Dukovany befindet sich in Tschechien, nur 31 Kilometer vor der österreichischen Grenze entfernt. Die vier Reaktorblöcken, etwa 100 km nördlich von Wien, gingen zwischen 1985 und 1987 ans Netz. Die bestehenden Reaktoren am Standort Dukovany sind sowjetische Reaktoren WWER 440/213. Diese verfügen über kein Containment. Das sind Sicherheitsbehälter, der den Reaktordruckbehälter umschließt und so im Störfall die Umwelt vor Verstrahlung schützt. Weiters verfügen die Reaktoren über keine zweite Kühlquelle. Diese sollten während eines Ausfall der Kühlung aus dem kleinen Fluss Jihlava ausreichende Mengen an benötigtem Kühlwasser liefern könnte.

Alle Zwischenfälle und Störfälle des Atomkraftwerk Dukovany lesen Sie in unserem Artikel zu Atomkraft in Tschechienexternal link, opens in a new tab.

Zahlreiche Mängel – hohe Reparaturkosten

Die Reaktoren in Dukovany sind aus Sowjet-Zeiten und nach mehr als 35 Jahren Betrieb in beklagenswerten Zustand: Aufgrund der „Stresstestsexternal link, opens in a new tab“ nach dem dreifachen Super-GAU im japanischen Fukushima wurden zahlreiche Mängel und Nachbesserungsauflagen bekannt. Die grundlegendsten Komponenten der Anlagen, wie etwa der Reaktordruckbehälter oder der Primärkreislauf, sind wegen der hohen radioaktiven Belastung nicht ersetzbar. Ebenso besteht der Mangel an ausreichendem Kühlwasser, das in Dukovany nur aus einem kleinen Fluss, eher einem Flüsschen, entnommen wird. Zusätzlich wurde 2015 ein jahrzehntelanger Betrugsskandal bei der Prüfung von Schweißnähten der Reaktoren bekannt, der immer noch nicht restlos aufgeklärt ist.

 


GLOABL 2000/Martin Aschauer

Fünf Fakten zum AKW Dukovany:

  1. Über 35-jährige Schrottreaktoren: Je älter ein Reaktor ist, desto mehr verspröden die Teile im Primärkreislauf um den Reaktorkern, die unter enormem Druck und Hitze permanent belastet und hochradioaktiv bestrahlt werden.

  2. Kein Containment: Genau wie der Unglücksreaktor in Tschernobyl hat Dukovany gar keinen Sicherheitsbehälter aus Stahl und Beton (Volldruck-Containment). In den bis über 40 Jahre alten Fukushima-Reaktoren konnte das schwache Containment nur ganz kurz die Kernschmelze aufhalten.

  3. Nur eine Haupt-Wasserquelle: Um die Reaktoren vor der Überhitzung zu schützen, werden pro Minute ca. 83.000 Liter Wasser benötigt. Das sind rund 415 Badewannen voll Wasser pro Minute. Die einzige Wasserquelle, die hierfür zu Verfügung steht, ist der kleine Fluss Jihlava.

  4. Störanfällig durch Algen: Durch die Über-Düngung der umliegenden Felder ist der Fluss Jihlava voller Algen, die immer wieder von den Sieben an den Wasser-Ansaugstutzen entfernt werden müssen – beim Verstopfen droht der Super-GAU.

  5. Grenznah: Nur knapp 31 km hinter der Österreichischen Grenze, 100 km vor Wien liegt das altersschwache Atomkraftwerk. Bei einer Reaktorkatastrophe wäre die radioaktive Wolke binnen kürzester Zeit bei uns. Zum Vergleich: Tschernobyl ist ca. 1.000 km von Wien entfernt.

Wir sagen: Abschalten, nicht ausbauen!

GLOBAL 2000 hat mit Unterstützung von tschechischen Partner:innen Beschwerde bei der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen eingelegt gegen die unbegrenzte Laufzeitverlängerung der vier alten Blöcke - die Kommission gibt uns Recht, dass die Tschechische Republik im Unrecht war, als sie ohne grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung die Laufzeiten verlängerte. Wir bleiben dran und setzen uns ein für Prüfung und Abschaltung der alten Reaktoren.

Der Atompark in Dukovany mit vier Uralt-Atomkraftwerken soll zusätzlich um ein bis zwei neue Blöcke erweitert werden. Im Frühjahr 2022 hat die tschechische Regierung eine Ausschreibung für den Neubau gestartet - nachdem zunächst der russische und der chinesische Atomkonzern aus sicherheitspolitischen Gründen ausgeschlossen wurde, bleiben nur drei Anbieter weltweit, bei denen noch dazu fraglich ist, ob sie technisch und wirtschaftlich überhaupt in der Lage sind, einen Reaktor in der gewünschten Zeit und zum gewünschten Preis zu bauen.

Im Katastrophenfall könnten auch weite Teile Österreichs verstrahlt werden. Die bestehenden vier alten Reaktoren gehören stillgelegt, die Neubaupläne sind unvollständig, unschlüssig und unnötig. Zu den neuen Reaktoren haben wir eine ausführliche Stellungnahme verfasst.