EU-Agrarministerrat: GLOBAL 2000 fordert eine klimastabile, nachhaltige GAP mit langfristiger Perspektive

GLOBAL 2000 begrüßt einige Ansätze der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU und Ministerin Köstinger, warnt aber vor mangelnder Zukunftstauglichkeit

GLOBAL 2000 / Christopher Glanzl

“Frau Ministerin Köstinger ist anzurechnen, dass sie den klassischen Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik öffnet und beim Agrarministerrat auch die dringend notwendige Frage der unfairen Handelspraktiken thematisiert", erklärt Helmut Burtscher, Umweltchemiker und Landwirtschaftsexperte bei GLOBAL 2000, und führt aber auch weiter aus, "Leider fehlt aber jegliches Problembewusstsein, das in den eigentlichen Bereichen der GAP kein Schutz der Landwirtschaft vor den sich häufenden Klima-Extremen zu finden ist. Stattdessen geht es weiter wie bisher mit der Stützung wetteranfälliger Hochleistungssysteme samt Umweltschäden, die dann mit anderen EU-Geldern wieder bekämpft werden“. Letzteres wurde gestern sogar vom Europäischen Rechnungshof bemängelt.

GLOBAL 2000 begrüßt solidarische Sofortbeihilfen bei Klimaschäden, wie sie vor kurzem in Österreich in Millionenhöhe angesichts der Dürre beschlossen wurden. Wenn diesen Millionen für eine Im-Nachhinein-Hilfe aber Milliarden aus einer GAP entgegenstehen, die den Weiter-wie-bisher-Prozess stützt, dann ist das eine Verhöhung der SteuerzahlerInnen.

Um die LandwirtInnen vor zukünftigen Schäden zu bewahren, muss das GAP-Budget für den Aufbau resilienter Systeme genutzt werden. Agrarökologische Anbaumethoden bieten den Bäuerinnen und Bauern eine Zukunft und sichern unsere Ernährung. Nachhaltige Bewirtschaftungssysteme sollen nicht länger wirtschaftlich mit einer Agrarproduktion konkurrieren müssen, die Fördergelder bekommt und dabei öffentliche Güter verschmutzt.

Als einen ersten Schritt sieht GLOBAL 2000 sowohl die Ankündigungen von Ministerin Köstinger als positiv an, für das Einführen des Cappings bei den Direktzahlungen einzutreten, als auch gegen eine Kürzung des Agrarbudgets. Denn: "Ohne Agrarzahlungen geht es im bestehenden System natürlich nur ganz schwer, und die Landwirtschaft darf beim Wechsel zu einem agrarökologischen System wirtschaftlich nicht unter die Räder kommen – aber die Mittel müssen anders verteilt werden. Die neue Agrarpolitik wird mit vielen Milliarden die Jahre von 2021 an bis 2028 prägen.“ Dementsprechend wird GLOBAL 2000 auch ganz genau hinschauen, wie sehr sich Ministerin Köstinger tatsächlich für die biologische Landwirtschaft und Nachhaltigkeit einsetzt, mit denen sie in den letzten Tagen die Erhöhung des Agrarbudgets öffentlich beworben hat.

Kritisch betrachtet GLOBAL 2000 die Einladungspolitik Österreichs zum informellen Agrarministerrat: als einziger Interessensverband wird die der Agrarindustrie zuzurechnende COPA COGECA beim Treffen dabei sein. GLOBAL 2000 nimmt daher als Teil von WIR HABEN ES SATT, einer Plattform von bäuerlichen, umwelt-, wirtschafts- und entwicklungspolitischen Organisationen, an der gemeinsamen Aktion direkt bei Schloss Hof teil, unterstützt das Papier zur Demokratischen Lebensmittelpolitik und die folgende gemeinsame Aussage der Plattform:

Wir brauchen eine Demokratische Lebensmittelpolitik statt einer Agrarpolitik für Großgrundbesitzer, den Handel und die Agrarindustrie. Derzeit werden die wichtigsten Entscheidungen einigen wenigen Akteuren überlassen. Das verschärft die Krisen des Agrarsystems - bei Klima, Biodiversität, Höfesterben, Umweltverschmutzung, Hunger, Mangelernährung und den Weltmärkten - immer weiter. Eine Demokratische Lebensmittelpolitik muss auf die Bauern und Bäuerinnen, Landarbeiter*innen, Umwelt, Gesundheit, Menschenrechte und unsere Lebensgrundlagen (Land, Wasser, Saatgut) ausgerichtet sein. All diese Bereiche sind direkt von der Art betroffen, wie unsere Lebensmittel produziert, verteilt und konsumiert werden. Deshalb geht es um die demokratische Gestaltung unseres Lebensmittelsystems. Die Demokratische Lebensmittelpolitik ermöglicht Ernährungssouveränität. Wirkliche Lösungen für die Herausforderungen und gesellschaftlich wünschenswerte Ziele können nur mit einer umfassenden sozial-ökologischen Wende erreicht werden.

Das Papier zur Demokratischen Lebensmittelpolitik:

https://wirhabenessattaustria.files.wordpress.com/2018/09/demokratischelebensmittelpolitik.pdfexternal link, opens in a new tab

Bilder der Aktion von WIR HABEN ES SATT:

https://www.flickr.com/photos/global2000/external link, opens in a new tab

Burtscher abschließend: "Die Reform der EU-Agrarpolitik muss punkto Krisenfestigkeit angesichts der Klimakatastrophe mehr können als Versicherungsleistungen und Bewässerung - sie muss eine resiliente, klimafeste und klimaschonende Landwirtschaft fördern. Und es dürfen keine Umweltschäden mehr entstehen, die mit anderem EU-Geld dann wieder ausgebügelt werden müssen – sofern das überhaupt geht. Das können wir uns nicht mehr lange leisten.“