04.05.2021

GAP-Strategieplan verfehlt Ziele des Green Deal

Warum der derzeitige Strategieplan zur Erreichung der Green Deal Ziele für Österreich nicht ausreicht.

Coverbild Analyse des GAP-Strategieplans

GLOBAL 2000

Das Landwirtschaftministerium präsentierte kürzlich Vorschläge für die Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Österreich. Gemeinsam mit dem ÖBV, BirdLife, der Arbeiterkammer, Biene Österreich, PRO-GE und dem Bioverband Erde und Saat haben wir uns bei GLOBAL 2000 diese Vorschläge genauer angesehen und auf die Erreichung der Ziele des Europäischen Green Deals hin analysiert.

Das Ergebnis ist ernüchternd. Mit den Vorschlägen des Ministeriums kann Österreich die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Ziele des Europäischen Green Deal, insbesondere der Biodiversitäts- und der Farm-to-Fork-Strategie, nicht erreichen.

 

Kein Green Deal ohne ambitionierte GAP

Das weltweite Artensterben ist eine existentielle Bedrohung und macht auch vor Europa und Österreich nicht Halt. Die Intensivierung der Landwirtschaft und die Klimakrise zählen zu den stärksten Treibern. Mit einer ambitionierten, an ökologischen Grundsätzen ausgerichteten Gemeinsamen Agrarpolitik hätte die EU ein starkes Instrument, um dieser Entwicklung gegenzusteuern. Sollten wir jedoch am Ende des Jahrzehnts feststellen, dass eine ambitionslose Agrarpolitik die Ziele des Green Deal verfehlt hat, dann ist es zu spät.

Über die GAP fließen jährlich rund 2,2 Milliarden Euro öffentliche Gelder in die österreichische Landwirtschaft. An welche Maßnahmen und Ziele diese Agrarförderungen geknüpft werden, wird derzeit verhandelt. Die EU-Kommission erwartet von der GAP einen entscheidenden Beitrag für die Zielerreichung des europäischen Green Deal und hat entsprechende Empfehlungen an Österreich übermittelt. Am 15. April veröffentlichte das Landwirtschaftsministerium seine „Interventionsentwürfe“ für den österreichischen GAP-Strategieplan. Mit der vorliegenden Studie wurde untersucht, inwieweit die Maßnahmen des GAP-Strategieplans die folgenden acht Ziele des Green Deal erreichen können:

  • 50 %-Reduktion von Nährstoffverlust
  • 50 %-Reduktion von Pestizideinsatz
  • 10 % Naturflächen
  • Umkehr des Rückgangs von Bestäubern
  • Beitrag zur Klimaneutralität
  • 25 % Biolandwirtschaft
  • Verbesserung bäuerlicher Einkommen
  • faire Arbeitsbedingungen für ErntearbeiterInnen

Sehen Sie hier den Mitschnitt der Pressekonferenz zur Präsentation unserer Analyse:

Fit für den Green Deal? Der GAP-Strategieplan am Prüfstand

Ziellose Planung – Scheitern vorprogrammiert

Die wichtigsten Erkenntnisse: Sechs der acht untersuchten Ziele des Green Deal lassen sich mit den derzeit vorgeschlagenen Maßnahmen nicht erreichen. Denn wie unsere Analyse zeigt, unterscheiden sich die vorgeschlagenen Maßnahmen nur wenig von dem, was bisher geschah. Von den bisherigen Maßnahmen wissen wir bereits, dass sie keine nennenswerten Verbesserungen bei den betreffenden Zielen bewirkt haben.

Eine mögliche Erklärung für die vorprogrammierte Zielverfehlung: Vier der Green-Deal-Ziele, nämlich der „Schutz von Bestäubern“, die „50 %-Reduktion“ von Nährstoffverlusten ebenso wie von Pestiziden sowie die „Sozialen Rechte“ waren gar nicht Teil des Planungsprozesses. Sie fehlten bereits in der „Bedarfsanalyse“, die als Grundlage für die Entwicklung von Maßnahmen dient, und auch in den folgenden internen Planungsdokumenten. Erstmalige Erwähnung finden diese Ziele in der veröffentlichten Version vom 15. April.

Nachbesserungen auf allen Ebenen erforderlich

Solch eine Planung im Blindflug ist nicht nur unprofessionell, sie ist angesichts der Milliarden an Steuergeldern, die an den GAP-Strategieplan geknüpft sind, und der Wichtigkeit der Green-Deal-Ziele völlig inakzeptabel. In dieser Form kann der Strategieplan nicht beschlossen werden. 

Dabei sind nicht alle enthaltenen Maßnahmen schlecht. Gerade bei der Biodiversität finden wir mehrere Maßnahmen, deren positive Wirkung wissenschaftlich belegt ist. Dazu zählen etwa ÖPUL-Biodiversitätsflächen im Ackerland und die ÖPUL-Naturschutzmaßnahmen. Das Problem liegt in der ungenügenden Umsetzung - sowohl flächenmäßig als auch qualitativ. Damit das in Zukunft besser wird, braucht es eine gesteigerte Ambition bei jenen Maßnahmen, die tatsächlich etwas für die Umwelt bringen, sowie entsprechend attraktive Förderanreize und gute fachliche Beratung.

Wir vermissen auch die notwendigen systematischen Veränderungen für eine gerechtere und ökologischere Agrarpolitik. Um die Klimakrise einzudämmen und das Artensterben zu stoppen, braucht es mehr kleinbäuerliche Strukturen. Das weitere Höfesterben kann nur mit zielgerichteten Maßnahmen für ein besseres Einkommen von Bäuerinnen und Bauern verhindert werden. Eine Verdoppelung der Flächenförderung für die ersten 20 Hektar würde speziell für kleinere Betriebe den Druck in Richtung Intensivierung reduzieren und nachhaltige Arbeitsplätze in der Region sichern. Gegenfinanzieren ließe sich diese Maßnahme durch eine gerechtere Umverteilung innerhalb der Direktzahlungen, wie dies u.a. von der Kommission vorgeschlagen wurde. Auch für Erntearbeiter:innen in der Landwirtschaft muss der soziale Schutz garantiert werden. Österreich soll sich daher auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass die Einhaltung von Arbeitsrechten Voraussetzung für den Erhalt von Agrarförderungen ist.

Um die Ziele des Green Deal zu erreichen, muss Landwirtschaftsminister Totschnig im GAP-Strategieplan eine bessere Unterstützung der Biolandwirtschaft und agrarökologischer Bewirtschaftung sicherstellen. Grundsätze der Kreislaufwirtschaft, wie Humusaufbau, Reduktion von Mineraldünger und Pestiziden sowie standortgebundene Tierhaltung sind in den bisherigen Vorschlägen nicht ausreichend verankert. Mehr Flächen für Biodiversität und eine Förderung bienenschonender Bewirtschaftung auf Acker und Grünland sind wesentlich, um die Ziele zu erreichen.