18.11.2021

GAP-Strategieplan verfehlt Ziele des European Green Deal

Warum der derzeitige Strategieplan zur Erreichung der Green Deal Ziele für Österreich nicht ausreicht.

Cover "Fit für den Green Deal"

GLOBAL 2000

Bereits im Mai 2021 haben wir gemeinsam mit anderen Organisationen den österreichischen GAP-Strategieplan unter die Lupe genommen und analysiert, ob damit die Ziele des Europäischen Green Deals (EDG) erreicht werden können. Damals haben wir einige Mängel aufgedeckt, denn 6 der 8 EGD-Ziele hätten mit der damaligen Version nicht oder nur sehr unwahrscheinlich erreicht werden können. Mittlerweile wurde der GAP-Strategieplan überarbeitet, deshalb schauen wir wieder genau hin.

Wenn Sie nochmal auffrischen wollen, worum es beim European Green Deal und bei der GAP überhaupt geht, dann lesen Sie hier weiter, ansonsten springen Sie direkt zu den Ergebnissen unserer Analyse.

Was sind die European Green Deal Ziele?

Der European Green Deal ist die Strategie der Europäischen Union, um zukünftig den klima-, umwelt- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen gewachsen zu sein. Diese Strategie beinhaltet eine Reihe an ökologischen & sozialen Zielen. Bei einigen Zielen spielt die Landwirtschaft eine wesentliche Rolle. Wir haben uns in unserer Analyse auf folgende acht Ziele fokussiert: 

  • 50 %-Reduktion von Nährstoffverlusten
  • 50 %-Reduktion von Pestizideinsatz
  • 10 % Naturflächen
  • Umkehr des Rückgangs von Bestäubern
  • Beitrag zur Klimaneutralität
  • 25 % Biolandwirtschaft
  • Verbesserung bäuerlicher Einkommen
  • faire Arbeitsbedingungen für Erntearbeiter:innen

Was ist die GAP und was der GAP-Strategieplan?

Jährlich fließen 2,2 Milliarden Euro in die österreichische Landwirtschaft, diese Gelder stammen zum Teil von der EU, vom Bund und auch aus den Ländern. Wie ein Großteil dieses Betrages ausgegeben wird, legt die Bundesregierung im GAP-Strategieplan fest. Jedes EU-Land erarbeitet somit seinen eigenen Plan, wie die Landwirtschaft unterstützt wird. Auf EU-Ebene wurden die großen Richtwerte und Grundlagen für die GAP-Pläne der einzelnen Länder festgelegt. Darüber hinaus soll der GAP-Strategieplan mit den European Green Deal Zielen vereinbar sein. Bei uns in Österreich überlegt sich das Landwirtschaftsministerium, wie die Gelder verteilt werden und hält das im sogenannten GAP-Strategieplan fest.

Ergebnisse unseres 2. GAP-Check

Leider können auch mit der überarbeiteten Version sechs der acht EGD-Ziele bis 2030 nicht bzw. nur unwahrscheinlich erreicht werden. Zwar gibt es kleinere Anpassungen, diese reichen aber nicht aus.

Die Ziele im Detail:

„Die Nährstoffverluste aus Düngemitteln sollen um 50 % verringert werden, was zu einer Verringerung des Düngemitteleinsatzes um mindestens 20 % führen wird.“

Um Nährstoffverluste deutlich zu verringern, ist es nötig, weniger Mineraldünger auszubringen, auf standortgerechte Tierhaltung zu setzen und den Humusaufbau zu fördern. Das alles ist in der aktuellen Version des GAP-Strategieplans aber nicht ausreichend abgebildet. 

Laut aktuellem Plan soll der Ausbau der Stallkapazität gefördert werden, anstatt extensive Tierhaltung zu belohnen, was zur übermäßigen Fleisch- und Milchproduktion motiviert und damit das Stickstoffangebot anheizt. Investitionen in den Humusaufbau und in stickstoffbindende Pflanzen sind zu lasch und auch die Förderung für Festmistkompostierung ist ausbaufähig.

Unser Fazit: Dieses Ziel wird Österreich höchstwahrscheinlich NICHT erreichen.

„Das Risiko und der Einsatz chemischer Pestizide soll bis 2030 um 50 % und der Einsatz gefährlicherer Pestizide ebenfalls um 50 % verringert werden.“

Möchten wir den Pestizideinsatz um die Hälfte verringern, brauchen wir dafür Pläne für eine risikobasierte Pestizidabgabe und ein umfangreiches Beratungs- und Weiterbildungsangebot zum nachhaltigen Pflanzenschutz. Beides sucht man im GAP-Strategieplan vergebens.

Pestizidverzicht muss für die Bauern und Bäuerinnen attraktiv gemacht werden. Das heißt, Umweltförderungen sollten beispielsweise nur mit einem gleichzeitigen Verzicht auf Glyphosat vergeben werden. In der derzeitigen Strategie ist aber das Gegenteil der Fall, darin werden Anbaumethoden gefördert, die an die Verwendung von Glyphosat gebunden sind.

Unser Fazit: Dieses Ziel wird Österreich höchstwahrscheinlich NICHT erreichen.

„Mindestens 10 % der landwirtschaftlichen Flächen sollen mit Landschaftselementen mit großer biologischer Vielfalt gestaltet werden. Dazu gehören unter anderem Pufferstreifen, Rotationsbrachen oder rotationsunabhängige Brachen, Hecken, nichtproduktive Bäume, Trockenmauern oder Teiche. [...] Die Mitgliedstaaten müssen das EU-Ziel von 10 % auf kleinere geografische Einheiten herunterbrechen, um die Verbindung der Lebensräume im Einklang mit der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ zu gewährleisten [...].“

Investitionen im Bereich der Naturflächen waren im ersten Entwurf schon recht gut, ein fehlender Baustein wurde sogar im aktuellen Entwurf noch nachgebessert.

Unser Fazit: Es bleibt fraglich, ob Österreich dieses Ziel erreichen wird.

„Der Rückgang an Bestäubern soll umgekehrt werden.“

In einzelnen Bereichen wurden hier seit April Verbesserungen eingearbeitet, wie zum Beispiel die Möglichkeit ein eigenes Bildungsmodul zur bestäuberfreundlichen Landwirtschaft anzubieten. Jedoch reichen diese Nachbesserungen nicht aus, um einen effektiven Schutz von Bienen und Bestäubern garantieren zu können.

Unser Fazit: Dieses Ziel wird Österreich höchstwahrscheinlich NICHT erreichen.

„Im Klimagesetz ist das Ziel festgelegt, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen.“ Damit soll „sichergestellt werden (...), dass Landwirtschaft, Fischerei und Aquakultur sowie die Lebensmittelwertschöpfungskette angemessen zu diesem Prozess beitragen.“

Österreich liegt bei landwirtschaftlicher Treibhausgasreduktion schlechter als der EU-Schnitt. Wollen wir hier aufholen, sollte die aktuell exportorientierte Landwirtschaft überdacht werden. Außerdem braucht es eine Strategie, wie die Landwirtschaft aus fossilen Energieträgern aussteigen kann. Erreicht werden könnte das Ziel auch mit Förderanreizen für weniger Tiere und einem geringeren Produktionsdruck. Um Kraftfutter zu reduzieren, sollte die Tierhaltung an die vorhandene Fläche angepasst werden. Außerdem sollte weniger Stickstoff-Mineraldünger eingesetzt werden. 

Diese Aspekte wurden leider nicht in die GAP-Strategie eingearbeitet. Die enthaltenen Ökoregelungen können das Ruder nicht herumreißen. Es braucht einen Plan, wie Anreize für klimaschädliche Förderungen abgebaut werden können.

Unser Fazit: Dieses Ziel wird Österreich höchstwahrscheinlich NICHT erreichen.

“Mindestens 25 % der landwirtschaftlichen Flächen sollen ökologisch / biologisch bewirtschaftet und die Anwendung agrarökologischer Verfahren deutlich gesteigert werden.”1 „ [D]ie Ausweitung des ökologischen Landbaus in der EU mit dem Ziel, bis 2030 ein Viertel der gesamten landwirtschaftlichen Fläche ökologisch zu bewirtschaften.”

Was die Biolandwirtschaft betrifft, wurden seit April Verbesserungen in die Strategie eingearbeitet. Die Bio-Basisförderung wurde in die GAP-Strategie aufgenommen, jedoch ist diese leider noch zu gering, obwohl Bio-Betriebe zusätzliche Auflagen erfüllen werden. Damit wird der Anreiz einen konventionellen Betrieb auf Öko-Landwirtschaft umzustellen geschwächt. Die Entwicklung der Bio-Landwirtschaft in Österreich wird damit in Zukunft eher gebremst als vorangetrieben. Das ist vor allem auch in Hinblick auf die Klima- und Biodiversitätskrise ein Problem, da die die Bio-Landwirtschaft hier ein wichtiger Teil der Lösung sein kann.

Bereits jetzt wird auf 26,4 % der landwirtschaftlichen Fläche Österreichs biologisch gewirtschaftet. Die zuletzt vom Landwirtschaftsministerium genannte Zielsetzung von 30 % Bio-Flächenanteil bis zum Jahr 2030 ist kein ambitioniertes Signal. Würde die bisherige Entwicklung der Bio-Landwirtschaft in der laufenden GAP-Periode fortgeschrieben, würde der Bio-Anteil im Jahr 2030 bei knapp 36 % liegen. 

Unser Fazit: Um dieses Ziel EU-weit zu erreichen, braucht es in allen Ländern einen wesentlichen Anstieg an Bio-Betrieben, so auch in Österreich. Die vergleichsweise niedrigen Prämien gefährden allerdings eine positive Entwicklung in Österreich.

„Das Einkommen der Primärerzeuger:innen verbessern mit der „Anforderung, die Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der Direktzahlungen durch eine Deckelung und gezieltere Ausrichtung der Einkommensstützung auf diejenigen Landwirte, die sie brauchen und die ökologische Ergebnisse erarbeiten.”

Die Umverteilungszahlung zugunsten kleinerer Höfe ist äußerst niedrig angesetzt und fällt sogar hinter die ohnehin schwachen EU-Beschlüsse zurück, da statt 10 % nur 7,5 % der Mittel umverteilt werden sollen. Zugleich wird die Umverteilungszahlung auf die ersten 40 ha ausgeweitet, wodurch der Betrag pro Hektar sinkt und äußerst niedrig ausfällt. Damit sich die Umverteilungszahlung positiv auf dieses Ziel auswirkt, müsste sie für die ersten 20 Hektare deutlich angehoben werden.

Im Vergleich zu den GAP-Entwürfen vom April wurde die Mindestinvestitionssumme für Investitionsförderungen abgesenkt und eine Unterstützung für Junglandwirt:innen angeführt. Das sind zwar leichte Verbesserungen, die aber nicht wirklich ins Gewicht fallen. 

Was fehlt, ist eine degressive Ausgestaltung der Direktzahlungen und die Einführung von wirkungsvollen Förderobergrenzen je Betrieb (Capping) ebenso wie die Umstellung der Förderlogik vom Faktor Fläche auf den gerechteren Ansatz der Arbeit.

Unser Fazit: Dieses Ziel wird Österreich höchstwahrscheinlich NICHT erreichen.

„ ...sozialer Schutz der Beschäftigten, Arbeitsbedingungen und Wohnverhältnisse sowie Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit werden beim Aufbau fairer, starker und nachhaltiger Lebensmittelsysteme eine wichtige Rolle spielen...“

Im Bezug auf die fairen Arbeitsbedingungen hat sich seit dem ersten Entwurf leider gar nichts getan. Landarbeiter:innen werden im GAP-Strategieplan kaum berücksichtigt. Es ist noch immer unklar, ob die ohnehin sehr niedrigen sozialen und arbeitsrechtlichen Kriterien bereits Anfang 2023 umgesetzt werden.

Unser Fazit: Dieses Ziel wird Österreich höchstwahrscheinlich NICHT erreichen.

Beide GAP-Strategieplan-Versionen hat GLOBAL 2000 gemeinsam mit dem ÖBV, BirdLife, der Arbeiterkammer, Biene Österreich, PRO-GE und dem Bioverband Erde und Saat analysiert.

Hier finden Sie die erste Analyse vom Mai 2021

Lesen Sie hier die detaillierten Analysen

 

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