04.03.2021

Gentechnik-Industrie biegt sich EU-Gesetze zurecht

EU-Kommission bricht eigene Spielregeln – Industrie hat Oberhand bei Konsultationsprozess zur Neuen Gentechnik

Der Lobby-Report von GLOBAL 2000 und Friends of the Earth Europe deckt auf, wie die EU beim Konsultationsprozess zur Regulierung von Neuer Gentechnik versagt hat. Die Europäische Kommission hat ganz klar gegen ihre eigenen Regeln verstoßen, wodurch die Gentechnik-Industrie einen maßgeblichen Einfluss auf die resultierende Studie nehmen konnte. 74 Prozent der befragten Interessensgruppen kamen aus der Industrie – die klar von einer Deregulierung profitieren würde. Die Befürchtung steht im Raum, dass dadurch der Neuen Gentechnik Tür und Tor in Europa geöffnet werden könnte. Der Prozess läuft sehr intransparent und stark von der Biotech-Industrie beeinflusst ab. Mit dieser Konsultation darf keine Aufweichung des Vorsorgeprinzips für Neue Gentechnik gerechtfertigt werden.

Infografik Gentechnik EU-Lobby Report

Friends of the Earth

Neue Gentechnik unterliegt dem Vorsorgeprinzip

Im Juni 2018 gab es eine klare Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Neuen Gentechnik: Sie unterliegt den selben Regulierungen wie die alte Gentechnik – das betrifft klare Zulassungsbestimmungen, Sicherheitsüberprüfungen und die Kennzeichnungspflicht. Seither hat die Agro-Industrie stark lobbiiert, um diese Regulierungen doch noch aufzuweichen. Ein EU-Konsultationsprozess, der alle Interessensgruppen miteinbezieht, sollte dabei helfen, die Umsetzung des Vorsorgeprinzips bei der Neuen Gentechnik zu diskutieren. Jedoch kam es bei dieser Konsultation zu einer unverhältnismäßig großer Einflussnahme der Industrie.

EU-Kommission öffnet Gentechnik-Lobby Tür und Tor

Die EU-Kommission hatte offensichtlich kein Interesse daran, den Konsultationsprozess fair zu gestalten. Denn schon bei der Auswahl der eingeladenen Interessensgruppen räumte die Kommission der Gentechnik-Lobby großen Raum ein. Von den über 100 eingeladenen Interessensgruppen waren 74 %t Agri-Industrieunternehmen, die Produkte der Neuen Gentechnik ohne strenge Zulassung und Kennzeichnung nach Europa und somit auch in unsere Supermärkte holen wollen. Einzelne Firmen waren mehrfach über ihre Branchenverbände bei der Konsultation vertreten. Der Agrarkonzern Cargill konnte so gleich 9-fach Einfluss auf die Konsultation nehmen. Nur 14 % der eingeladenen Interessensgruppen waren NGOs, 10 % LandwirtInnen und SaatgutproduzentInnen und gar nur 2 % waren ForscherInnen. Ähnlich war der Fragebogen gestaltet, der allen Interessensgruppen zugesandt wurde und dessen Beantwortung einen wichtigen Teil der finalen Studie der Kommission darstellen wird. Der Fragebogen war tendenziös und räumte den vermeintlichen Vorteilen der Neuen Gentechnik einen unverhältnismäßig großen Raum ein. Fragen zu Gefahren und Gesundheit wurden marginal gehalten – lediglich drei der insgesamt 29 Fragen bezogen sich dabei auf Sicherheitsaspekte und Risiken. Mehr als doppelt so viele Fragen bezogen sich auf potentielle Vorteile der Neuen Gentechnik. Dazu kommt, dass die EU-Kommission ihre eigenen Transparenzrichtlinien missachtet. Es müssten eigentlich unverzüglich alle Beantwortungen der Konsultation veröffentlicht werden. Die Kommission will die Beantwortungen jedoch erst mit der fertigen Studie veröffentlichen.

Forderungen an die EU und die Österreichische Bundesregierung

GLOBAL 2000 fordert die EU auf, die Ergebnisse der Stakeholder-Befragung sofort transparent zu machen, um dadurch Feedback anderer Interessensgruppen einfließen zu lassen. Die EU-Gentechnikgesetzgebung muss mit dem Vorsorgeprinzip auch für die Neue Gentechnik gelten und daher sind grundlegende Sicherheitsprüfungen und Zulassungsverfahren unumgänglich. Die fehlgeleitete Konsultation darf keine Grundlage dafür sein, die EU-Gentechnikrichtlinie aufzuweichen. Wir fordern auch das dafür zuständige Gesundheitsministerium auf, sich auf EU-Ebene klar für die Umsetzung des EuGH-Urteils zur Gentechnik-Regulierung und die Einhaltung des Vorsorgeprinzips für Neue Gentechnik auszusprechen. Die EU darf nicht auf Kosten der Umwelt und der KonsumentInnen dem Druck der Industrie-Lobby nachgeben. LandwirtInnen und KonsumentInnen würden damit jegliche Transparenz und Wahlfreiheit verlieren. Ohne grundlegende Sicherheitsprüfungen, könnten neue GVOs eine verehrende Auswirkung auf die menschliche Gesundheit und unsere Ökosysteme haben.

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