16.02.2023

Obst und Gemüse im Pestizid-Test: Gift-Importe durch die Hintertür

Gemeinsam mit der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) haben wir Obst und Gemüse aus Übersee auf Pestizide untersucht. Es wurden auf über drei Viertel der getesteten Lebensmittel Rückstände von Pestiziden gefunden. Bei der Hälfte der Fälle konnten sogar Mehrfachbelastungen mit bis zu sieben verschiedenen Wirkstoffen nachgewiesen werden. Neben zwei Überschreitungen der gesetzlichen Höchstwerte entdeckten die Tester:innen auch mehrere Pestizid-Wirkstoffe, die in der EU verboten sind.

Titelseite mit Bildern von Mangos des Pestizid-Tests

GLOBAL 2000

Gerade in den Wintermonaten kommen Obst und Gemüse oft aus Ländern wie Kenia, Marokko, Brasilien oder der Türkei. Das Problem daran ist, dass diese nicht der EU-Gesetzgebung unterliegen. Sie können also mit Pestiziden belastet sein, für die in der EU längst ein striktes Anwendungsverbot gilt!

Damit Konsument:innen wissen, was auf ihrem Teller landet, haben wir gemeinsam mit der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) 26 Proben in einem akkreditierten Labor auf Rückstände von über 500 Pestizid-Wirkstoffen untersucht.

Diese Obst- und Gemüsesorten wurden untersucht:

  • Mangos
  • Granatäpfel
  • Fisolen
  • Zuckererbsen

Die Ergebnisse:

  • Rückstände von Pestiziden auf über drei Viertel der getesteten Lebensmittel
  • Die Hälfte der getesteten Lebensmittel sind mit bis zu sieben verschiedenen Pestizid-Wirkstoffen mehrfach belastet.
  • Zwei Überschreitungen der gesetzlichen Höchstwerte.
  • Mehrere Pestizid-Wirkstoffe, die in der EU verboten sind.

In unserem Pestizidtest erfahren Sie alle Ergebnisse zu den getesteten Lebensmitteln: 

Doppelmoral der EU

Verbotene Wirkstoffe werden in die EU importiert

Pestizidwirkstoffe, die für die Umwelt oder menschliche Gesundheit ein Risiko darstellen, verlieren in der EU ihre Zulassung. Nun offenbart sich aber ein doppeltes Spiel der EU: Während die Pestizid-Wirkstoffe in der EU-Landwirtschaft nicht mehr eingesetzt werden dürfen, können sie über Importe von Lebensmitteln aus anderen Ländern wieder zu uns zurückkehren.

In diesem Fall setzt die EU normalerweise die gesetzlichen Höchstwerte bei allen Lebensmitteln auf einen Minimalwert, die sogenannte Bestimmungsgrenze (meist 0,01 mg/kg). Bei einigen Lebensmitteln, die aus Drittländern importiert werden, können dennoch sehr oft hohe Höchstwerte festgestellt werden. Das können sogar Werte bis zu 10,0 mg/kg sein.

Doch wie kann das sein?

Die EU gewährt im Rahmen von Handelsabkommen sogenannte Einfuhr-Toleranzen, um den "Erfordernissen des internationalen Handels gerecht zu werden". Dadurch können Länder, in denen diese in der EU verbotenen Pestizide noch zugelassen sind, ihre Produkte in die EU exportieren, ohne Gewinneinbußen zu machen. Hier beißt sich aber die Katze in den Schwanz: Denn die EU verbietet ja eigentlich Pestizidwirkstoffe, die für die Umwelt und die menschliche Gesundheit eine Gefahr darstellen.

Europäische Firmen exportieren verbotene Wirkstoffe

Ein weiterer delikater Punkt ist, dass europäische Firmen diese bei uns verbotenen Pestizidwirkstoffe immer noch herstellen und in anderen Ländern verkaufen. Insgesamt wurden beispielsweise im Jahr 2018 über 81.000 Tonnen Pestizide, die in der EU nicht zugelassen sind, von europäischen Unternehmen in Drittländer exportiert.

Die Hauptprofiteure dieser Exporte sind Großkonzerne wie Syngenta, Bayer, BASF oder Corteva, die sich auf Kosten anderer bereichern:

  • Die Arbeiter:innen in den Produktionsländern müssen – oft mit unzureichender Schutzkleidung – mit massiv gesundheitsschädlichen Pestiziden hantieren.
  • Die Konsument:innen sind importierten Lebensmitteln mit hohen Mengen an Pestizidrückständen ausgesetzt.
  • Die Umwelt wird geschädigt, indem die Gifte Bienen und andere Nützlinge bedroht und die Bodenfruchtbarkeit stark beeinträchtigen.

Erfreulich ist: Die EU hat kürzlich zugesagt, noch dieses Jahr eine öffentliche Konsultation zum Exportverbot gefährlicher Pestizide zu starten. Das konnte nur durch den starken Druck von NGOs, Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft geschehen.

Verbotener Wirkstoff Carbendazim auf Mangos und Zuckererbsen

Insgesamt wurden 23 verschiedene Pestizid-Wirkstoffe nachgewiesen. Drei davon sind in der EU verboten:

  • Carbendazim
  • Myclobutanil
  • Imidacloprid

Der Wirkstoff Carbendazim ist wegen seiner Gesundheitsauswirkungen in der EU schon länger nicht mehr zugelassen.

Carbendazim kann:

  • genetische Defekte verursachen
  • die Fruchtbarkeit beeinträchtigen
  • das Kind im Mutterleib schädigen

Bei Mangos hat dieses Pestizid einen Höchstwert von 0,5 mg/kg, er liegt also fünfzigmal über der Bestimmungsgrenze von 0,01 mg/kg. Bei Zuckererbsen beträgt der Höchstwert bei 0,2 mg/kg. Der Wirkstoff wurde bei Mangos aus Peru von Hofer und auch auf Zuckererbsen aus Kenia von Obsteck am Naschmarkt gefunden.

Das in der EU verbotene Insektizid Imidacloprid aus der Gruppe der Neonicotinoide trägt maßgeblich zum Bienensterben bei und wurde aus diesem Grund in der EU verboten – trotzdem wurde auch dieses Gift auf Mangos aus Peru von Obsteck am Naschmarkt gefunden.

Stellungnahme von Hofer

Hofer hat in einer Stellungnahme begründet, dass seine Lieferanten über Zertifizierungen für Sozialstandards verfügen müssen, die den Einsatz von Carbendazim verbieten.

Mehr Beispiele für nicht zugelassene Wirkstoffe mit hohen gesetzlichen Höchstwerten finden Sie in unserem Pestizidtest:

Waltraud Novak

Konsumentinnen und Konsumenten kaufen gerne auf Wochenmärkten ein, weil sie dort das Gefühl haben, näher an den Bäuerinnen und Bauern „dran“ zu sein und besonders gute Qualität zu bekommen. Dass viele Produkte genauso wie in den Supermärkten von weither importiert werden, ist den Kundinnen und Kunden oft nicht bewusst. Die großen Supermarktketten haben jedoch oft strengere Vorgaben und veranlassen selber regelmäßige Rückstands-Untersuchungen, während dies bei Wochenmärkten meist nicht der Fall ist.

Waltraud Novak, Pestizid-Expertin bei GLOBAL 2000

Keine Profite mit unserem Essen

Für gefährliche Pestizid-Wirkstoffe darf es keine Einfuhr-Toleranzen in der EU geben!

Deswegen fordern wir gemeinsam mit der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) von Gesundheitsminister Johannes Rauch: Setzen Sie sich dafür ein, dass auf EU-Ebene gesundheitsschädliche Pestizide nicht über Umwege auf den Tellern der Konsumentinnen und Konsumenten laden!

Was können Konsument:innen tun?

Wir empfehlen beim Einkauf auf saisonale und regionale Produkte zu achten, denn diese sind in der Regel weniger mit Pestiziden belastet. Wirklich sicher sind aber nur Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft, da hier gar keine chemisch-synthetischen Pestizide eingesetzt werden dürfen.