06.10.2015

Orangensaftproduktion: Ausgepresst - der Orangenreport

Wer trinkt nicht gerne ein Glas Orangensaft zum Frühstück? Doch wissen Sie auch, wo Ihr Saft herkommt und wie er hergestellt wurde? Wahrscheinlich nicht. Aus diesem Grund haben wir uns die Orangensaftindustrie genauer angesehen.

GLOBAL 2000

Saftgiganten drücken Preise

In den letzten 30 Jahren wurde eine enorme Produktivitätssteigerung in der Orangensaftproduktion erreicht, insbesondere aufgrund von dichterer Bepflanzung auf den Plantagen. Des weiteren verzeichnet die Branche eine enorme Konzentration der Akteure am Markt. Gab es zwischen 1970 und 1990 noch 15-20 kleinere Firmen, die Orangen weiterverarbeiteten, teilen heute drei internationale Multis den Markt unter sich auf. Diesen stehen eine Vielzahl von kleinen und mittelgroßen OrangenproduzentInnen gegenüber. Die drei Saftgiganten verkaufen 50% des weltweiten produzierten Orangensaftekonzentrats an große Saftabfüll- und Verpackungsunternehmen. Diese Marktsituation gibt den verbleibenden drei Firmen eine enorme Macht im Preishandel mit OrangenproduzentInnen und ermöglicht es ihnen, regelmäßig den Einkaufspreis für Orangen unter die Produktionskosten zu drücken. Der Durchschnittspreis, den ein Produzent für eine Orangenkiste (40,8 kg) erhält, beträgt 2,60 Euro. Aufgrund dieser geringen Preise des Saftkartells ist der Druck auf die Produzenten und die PlantagenarbeiterInnen enorm. 

Weltweit höchster Pestizidverbrauch

Die Marktmechanismen, die derzeit als Unlautere Handelsmethoden (Unfair Trading Practices) diskutiert werden, verursachen sowohl Menschen- und Arbeitsrechtsverstöße als auch massive und langfristige Umweltprobleme. Durch extensive, ausschließlich profit-orientierte Landwirtschaft werden natürliche Ressourcen langfristig geschädigt und schlimmstenfalls zerstört. Dies ist nicht zuletzt ein soziales Problem, denn insbesondere minderpriviligierte Bevölkerungsschichten haben keine Mittel, um verlorenes Umweltkapital zu ersetzen (beispielsweise sauberes Trinkwasser durch den Kauf von Wasser).

Die Kultivierung von Orangen ist die pestizidintensivste Form der exportorientierten brasilianischen Landwirtschaft. Seit 2008 führt Brasilien die Weltrangliste im Pestizidverbrauch an, mit explodierendem Bedarf in der letzten Dekade (190%), Tendenz weiter steigend. Auch der milliardenschwere brasilianische Pestizidmarkt wird von wenigen internationalen Unternehmen dominiert – die hier noch immer Pestizide verkaufen, die in ihren Heimatmärkten längst verboten sind.

Seit 2007 hat sich die Anzahl der gemeldeten Pestizidvergiftungen auf 4537 Fälle gut verdoppelt. Auch die Arbeitsunfälle im Zusammenhang mit Pestiziden sind in diesem Zeitraum um 67 Prozent angestiegen – ebenso die Zahl der gemeldeten Todesfälle von 132 auf 206. Die Dunkelziffern sollen noch weitaus höher sein.

Menschenrechtsverstöße

Der Anbau von Orangen ist sehr arbeitsintensiv. Die Frucht wird überwiegend von Hand gepflückt. Die meisten ErntehelferInnen reisen von Plantage zu Plantage und arbeiten in der Ernte von Orangen, Zuckerrohr und anderen Produkten, in Abhängigkeit von der Saison. In der überwiegenden Mehrheit findet diese Arbeit zu einer Bezahlung statt, die weit unter dem liegt, was ein Mensch zum Leben in Würde braucht. Die hochgradig prekäre Arbeit der ErntehelferInnen ist eine physische Herausforderung, schlecht bezahlt, findet ohne gesundheits- und rechtlichen Schutz statt und ist abhängig von saisonalen Bedingungen.

Offiziell gibt es eine 44-Stunden Woche auf den Plantagen. Arbeitende haben das Recht zu einer einstündigen Mittagspause. Allerdings findet die Arbeit unter derart großem Druck statt, dass Arbeitende häufig ihre Mittagspause nicht wahrnehmen und de facto Überstunden verrichten. Während der Erntezeit wird Arbeit auch am Wochenende erwartet. 

Bei der Orangensaftproduktion werden häufig Chemikalien versprüht, während Arbeitende in den Feldern ernten. Dies führt zu allergischen Reaktionen und anderen Gesundheitsproblemen. Schutzkleidung ist entweder nicht vorhanden oder den Arbeiten unangemessen.

Die Studie belegt weiterhin die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz. Zusätzlich zu den ökonomischen Benachteiligungen sind Frauen konstanter psychologischer, physischer und sexueller Belästigung ausgesetzt.

WAS KÖNNEN SIE ALS KONSUMENTIN MACHEN?  

  • Treffen Sie beim Einkauf die richtige Wahl!

Im Fall von Orangensaft entscheiden Sie sich für Fairtrade oder biologischen Orangensaft. Beide Systeme erzielen bessere Preise für Bauern und ArbeiterInnen, zusätzlich verzichtet die Biolandwirtschaft auf den Einsatz von Pestiziden, Fairtrade setzt nur ein geringes Maß davon ein.

  • Schreiben Sie Ihrem Einzelhändler!

Fragen Sie ihn, wo der Orangensaft herkommt, ob er sich darum kümmert, wie er hergestellt wurde und ob er denkt, dass die KonsumentInnen Orangensaft trinken wollen, der möglicherweise durch Sklavenarbeit hergestellt wurde und der die Umwelt der Produktionsländer zerstört.

  • Handeln Sie nachhaltig!

Fahren Sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln, gehen Sie zu Fuß oder fahren mit dem Rad zum Supermarkt. Wenn möglich, kaufen Sie Mehrwegverpackungen.

  • Vergessen Sie nicht:

Als KonsumentIn haben Sie eine gewisse Macht durch die Auswahl der Produkte. Die Einzelhändler und die anderen Betriebe in der Lieferkette müssen Verantwortung für die Produktionsbedingungen übernehmen – genauso wie die politisch Verantwortlichen für die Rahmenbedingungen, unter denen produziert und konsumiert wird. Werden Sie aktiv und erinnern Sie sie an ihre Verantwortung.

Supply Change Make Supermarkets Fair

GLOBAL 2000; Fair Superbrands

Europäische Union

Europäische Union