16.12.2014

GLOBAL 2000 und Greenpeace: AGES-Risikobewertung zu HCB fehlerhaft

Anwendung von amerikanischen statt europäischen Richtwerten verharmlost Gesundheitsrisiko

Anlässlich jüngster Aussagen der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und anderer GesundheitsexpertInnen, eine Gesundheitsgefährdung aufgrund der Görtschitztaler HCB-Belastungen könne ausgeschlossen werden, kritisieren GLOBAL 2000 und Greenpeace die Fehlerhaftigkeit der AGES-Risikoabschätzung. „Die AGES-Risikobewertung verstößt sowohl in der Methodik als auch in der Interpretation der Ergebnisse gegen die in der EU üblichen Standards und weist zudem inakzeptable Fehler auf”, erklärt Helmut Burtscher, Umweltchemiker bei der österreichischen Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000. „Selbst bei dem von der AGES gewählten Vergleich der Sicherheitsfaktoren für das chronische Gesundheitsrisiko mit einer 90 cm starken Schutzmauer hat sich die AGES wohl verrechnet. Bei einer siebenfachen Überschreitung der täglich duldbaren Aufnahme wäre ihre Mauer nur mehr 13 cm und nicht wie die AGES vorrechnet 83 cm dick“, ergänzt Huem Otero, Landwirtschaftsprecherin bei Greenpeace: „Interessanterweise ersetzt die AGES auch ihre eigenen HCB-Richtwerte für die Risikoabschätzung im Görtschitztal plötzlich durch wesentlich laschere Richtwerte aus den USA.“

Bei einer HCB-Risikobewertung aus dem Jahr 2004 hat die AGES einen Richtwert für die TDA (täglich duldbare Aufnahme) und ARfD (Akute Referenzdosis) mit jeweils 0,01 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag (0,01 µg/kg KG/d) festgesetzt. In der von der AGES kürzlich veröffentlichten “Risikobewertung zur HCB-Belastung in Lebensmitteln im Görtschitztal“ werden nun gesundheitliche Richtwerte der amerikanischen Agentur für toxische Substanzen und Erkrankungsregister (ATSDR) als Berechnungsgrundlage herangezogen, welche die österreichische TDA um das zehnfache und die ARfD sogar um das 800-fache überschreiten. Sowohl die US-amerikanischen als auch die österreichischen Richtwerte beziehen sich auf denselben HCB-Fütterungsversuch mit Affen. Doch für die Umrechnung der Empfindlichkeit von Affen auf den Menschen wird in den USA der Faktor 3 und in der EU der Faktor 10 angewandt. Auch der Umstand, dass sich beim Affenversuch keine Dosierung identifizieren ließ, bei der keine Schäden auftraten, wurde vom ATSDR nur mit einem Faktor 3 bewertet, während die AGES 2004 hierfür einen Sicherheitsfaktor 10 angewendet hat.

Obwohl die Risikobewertung der AGES zu einer Unterschätzung des tatsächlichen Risikos führt, macht sie deutlich, dass Frauen, Männer und Kinder im Schulalter im Görtschitztal die täglich duldbare Aufnahme von HCB je nach Ernährungsverhalten regelmäßig um ein Vielfaches überschritten haben. „Die Verharmlosung möglicher Risiken hilft bestenfalls jenen, die sich vielleicht irgendwann vor Gericht für die HCB-Kontamination verantworten müssen. Sie ist ebenso wenig angebracht wie Übertreibung und Panikmache. Die Menschen im Görtschitztal verdienen es, offen und ehrlich informiert zu werden“, so Burtscher abschließend.

Die ausführliche Stellungnahme von GLOBAL 2000 und Greenpeace zu weiteren Schwächen und Fehlern der AGES-„Risikobewertung zur HCB-Belastung in Lebensmitteln im Görtschitztal“ finden Sie im Dokument untenstehend.

Thema: