15.03.2017

Glyphosat: ECHA ignoriert wissenschaftliche Fakten

Ist das Pestizid Glyphosat krebserregend oder nicht? Eine Antwort auf diese Frage sollte die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) für die EU-Kommission liefern. Jetzt vermeldete die Agentur: Glyphosat sei nicht krebserregend. Doch wir haben nachgewiesen: Mitglieder der ECHA-Kommission sind mit der Chemie-Industrie verstrickt, Studien wurden falsch bewertet, kritische Befunde ignoriert.

EU Flagge
Public Domain von pixabay.com

Die EU-Kommission wollte Glyphosat im letzten Jahr für weitere 15 Jahre neu zulassen – doch dafür fehlte die nötige Mehrheit unter den Mitgliedsstaaten der EU. Folglich wurde das Pestizid nur für weitere eineinhalb Jahre zugelassen. Dies war auch ein Erfolg unserer europaweiten Proteste. Im Dezember 2017 laufen diese eineinhalb Jahre schon wieder ab. Deshalb muss die EU-Kommission noch in diesem Jahr entscheiden, wie es mit dem Ackergift weitergeht.

Bei der Entscheidung soll ein neues Gutachten helfen. Deshalb arbeitete die ECHA über Monate an einer Neubewertung des Pflanzengifts. Mit dem Ergebnis wurde erst im Sommer gerechnet. Heute die große Überraschung: Die ECHA verkündet frühzeitig ihr Urteil. Es ist anzunehmen, dass unsere Europäische Bürgerinitiative (EBI) gegen Glyphosat sie mächtig unter Druck gesetzt hat, denn schon fast 500.000 Menschen haben europaweit unterzeichnet. Doch trotz aller Zweifel hält die ECHA Glyphosat für nicht krebserregend.

Interessenskonflikte

Brisant ist, dass eine zentrale Figur direkt von einem Interessenkonflikt betroffen ist: Tim Bowner ist der Chef der ECHA-Arbeitsgruppe, welche die Neubewertung vornahm. Er sollte innerhalb dieser Arbeitsgruppe unvoreingenommen über Glyphosat urteilen. Doch seine berufliche Erfahrung besteht bisher vor allem aus Beratungstätigkeiten für die chemische Industrie. Er war unter anderem für die Beratungsfirma TNO tätig, die von sich selbst sagt, man helfe der chemischen Industrie, indem man „Kosten senke und neue Produkte schneller auf den Markt bringe“.

Monsanto arbeitete an vermeintlich "unabhängigen" Studien mit

In den USA wurden vor einigen Tagen brisante Dokumente öffentlich, die belegen wie Monsanto in der Vergangenheit hinter den Kulissen Einfluss auf einzelne Wissenschaftler und auf die amerikanische Umweltbehörde EPA genommen hat. So soll Monsanto im Verborgenen an Studien mitgearbeitet haben, die später als Arbeiten unabhängiger Wissenschaftler ausgegeben worden seien. Ein weiterer Vorwurf lautet, das Unternehmen habe gezielt darauf hingewirkt, eine eigenständige Untersuchung des Unkrautvernichters durch das US-Gesundheitsministerium zu verhindern. Dies hat die New York Timesexternal link, opens in a new tab publik gemacht und auch die Süddeutsche Zeitung berichteteexternal link, opens in a new tab hierüber. Die Dokumente wurden im Rahmen eines Gerichtsprozesses in Kalifornien öffentlich, in dem Krebsopfer gegen Monsanto klagen.

Einseitige Industrie-Studien

Erst vor wenigen Tagen haben wir gemeinsam mit anderen Organisationen einen Brief an den ECHA-Direktor geschrieben, und ihn auf die Interessenskonflikte der Mitglieder des Kommitees hingewiesen, die die Glyphosat Bewertung vornahmen. Zudem wiesen wir auf die mangelnde Glaubwürdigkeit der ECHA-Bewertung hin. Denn die ECHA stützt sich in der Bewertung von Glyphosat auf Studien, die nicht öffentlich zugänglich sind. Die Behörde benutzt für seine Bewertung Studien, die nicht von unabhängigen WissenschaftlerInnen geprüft werden können, weil sie unter Verschluss sind. Damit untergräbt die Methodik der ECHA das Wesen der Wissenschaft und gefährdet die Gesundheit der VerbraucherInnen.