24.01.2023

Abholzungen in geschützten Naturwäldern – wir leiten rechtliche Schritte ein

GLOBAL 2000 deckt im Natura 2000-Gebiet Strudengau - Nibelungengau in Niederösterreich rechtswidrige Abholzungen auf.

Was passiert aktuell im Yspertal?

Das Europaschutzgebiet Strudengau – Nibelungengau ist innerhalb weniger Monate das zweite Gebiet, in dem GLOBAL 2000 EU-rechtswidrige Abholzungen aufdeckt. In dem im Yspertal befindlichen Naturwald sind alleine seit 2015 mehr als 24 Hektar Mull-Braunerde-Buchwälder verschwunden. Die Flächen, in denen geschlägert wurde, wurden teilweise mit Douglasien, Lärchen und anderen standortfremden Nadelgehölzen aufgeforstet. Das bedeutet massive ökologische Verluste.

Naturschutzgebiet Strudengau - Nibelungengau

Einige der wertvollsten Ur- & Naturwälder Österreichs wachsen in Niederösterreich. Die meisten davon befinden sich in Europaschutzgebieten und unterliegen EU-rechtlichen Schutzbestimmungen. Dennoch schreiten Fällungen in ökologisch wertvollsten Naturwäldern voran. Das passiert ohne entsprechende Verträglichkeitsprüfungen, mit den für das jeweilige Natura 2000 Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Im Strudengau - Nibelungengau befinden sich Teile der letzten Naturwälder Österreichs.

Hier sind seltene und gefährdete Arten beheimatet wie etwa:

  • Hirschkäfer
  • Grubenlaufkäfer
  • Mopsfledermaus

Intakte Wälder speichern und liefern uns sauberes Wasser und frische Luft, sie absorbieren und binden CO₂ und bremsen somit die Klimakrise. Sie kühlen Landschaften und nicht zuletzt sind sie Erholungsraum für die Menschen.     

Das Land Niederösterreich hat zur Bewahrung dieser gefährdeten Arten die wertvollen Lebensräume unter Schutz gestellt. Dazu gehören Buchenwälder, Labkraut-Eichen-Hainbuchwälder, sowie Schlucht- und Hangwälder. Diese Schutzgebiete funktionieren aber offensichtlich nur auf dem Papier. 

Da Österreich generell säumig ist bei der Umsetzung von Natura 2000, wurde im September 2022 ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Österreich eingeleitet. 

Wer darf Naturverträglichkeitsprüfungen beantragen?

Naturverträglichkeitsprüfungen (NVP) oder Feststellungsverfahren können bisher nur von Projektbewerber:innen sowie der niederösterreichischen Umweltanwaltschaft beantragt werden. Umweltschutzorganisationen haben keinen Anspruch darauf, einen solchen zu stellen. Diese Praxis steht im Widerspruch zur Aarhus-Konvention, die effektive Beteiligung und Rechtsschutz im Umweltrecht vorsieht. 

Erste rechtliche Schritte im Kamp- und Kremstal laufen bereits 

Bereits im Jahr 2016 wurde daher von NGOs ein Prozess zur Erfassung der zu bewahrenden Natura 2000-geschützten totholzreichen Altbestände im Natura 2000-Gebiet Kamp- und Kremstal in Kooperation mit der NÖ Landesregierung und der Umweltanwaltschaft initiiert.

Leider wurde dieses Projekt seitens der niederösterreichischen Landesregierung trotz Vorliegen eines Kooperationsübereinkommens nicht umgesetzt. Seither kam es zu weiteren Fällungen in urwaldartigen Laubmischwäldern. Dies geschah wieder ohne Durchführung von NVPs und wieder wurden geschützte Lebensräume und Habitate von Arten schwer geschädigt.

Gemeinsam mit dem Öko-Büro hat GLOBAL 2000 bereits im November 2022 erste rechtliche Schritte eingeleitet, um weitere rechtswidrige Eingriffe im Natura 2000-Gebiet Kamp- und Kremstal zu unterbinden. Die Antwort der zuständigen Behörde ist bis dato ausständig. 

GLOBAL 2000 fordert den Schutz der letzten Naturwälder

Um die weitere Abholzung von geschützten Wäldern in Zukunft effektiv verhindern zu können, bedarf es :

  • einer dramatischen Verbesserung der Datengrundlage hinsichtlich der Schutzgüter
  • einer Nachschärfung der Managementpläne 
  • einer Konkretisierung der Erhaltungsziele
  • einer umfassenden und flächenscharfen Kartierung als Basis für den strikten Schutz der letzten Naturwälder Niederösterreichs entsprechend der EU-Biodiversitätsstrategie

Um der Klima- und Biodiversitätskrise wirksam begegnen zu können und Grundbesitzer:innen für ihre Leistungen auch entsprechend entschädigen zu können, braucht es:

  • eine substanzielle Aufstockung des Budgets für Naturschutz in Niederösterreich
  • einen politischen und finanziellen Rahmen für Waldbesitzer:innen, in dem eine naturverträgliche und nachhaltige Waldbewirtschaftung möglich ist
  • gleichzeitig die Erhaltung der letzten Naturwälder, da diese ohnehin nur noch wenige Prozent der gesamten Waldfläche ausmachen

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