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Ein buntes Nützlings-Paradies in Oberösterreich
Simone H. aus Oberösterreich ist seit Anfang Juni 2021 Nationalpark Garten Mitglied und Zweitplatzierte des diesjährigen Fotowettbewerbs.
Was sind für Sie die besonderen Herausforderungen und Benefits beim naturnahen Gärtnern?
Durch meinen naturnahen Garten habe ich die Möglichkeit, viele verschiedene Wildtiere und Insekten aus nächster Nähe zu beobachten, immer wieder neue Arten kennenzulernen und ihren Lebensraum mitzugestalten. Ich freue mich, wenn die Singvögel die angebotenen Futterstellen und Nistkästen nutzen, zum Trinken an die Wasserstellen kommen oder ein ausgiebiges Bad nehmen. Die meist solitär lebenden Wildbienen sind mir ein besonderes Anliegen. Für ein reichhaltiges Nahrungsangebot erweiterte ich das Pflanzenbuffet um diverse blühende Wildkräuter. Die unterschiedlichen Nisthilfen sind mit den Jahren immer zahlreicher und differenzierter geworden und werden häufig besucht. Durch die räumliche Begrenztheit meiner Gartenparzelle wurde es jedoch vor 2 Jahren knifflig, als sich Hornissen genau den Vogelnistkasten für ihr Nest auswählten, der an meiner Hüttenwand hing, nur gut 2 Meter entfernt, von der allgemein genutzten Treppe der Kleingartenanlage. Nicht jeder Gartennachbar war erfreut über diese Gesellschaft in nächster Nähe. Zum Glück lag die Einflugschneise der Insekten etwas höher und es gab keine Zwischenfälle.
Warum haben Sie sich entschieden, an dem Projekt Nationalpark Garten teilzunehmen?
Das Projekt Nationalpark Garten habe ich zufällig im Internet entdeckt. Seitdem ich 2017 meine Ausbildung zur Kräuterpädagogin abgeschlossen habe, beschäftige ich mich intensiver mit naturnahen Lebensräumen und Biodiversität. Weil es mir ein Anliegen ist, mehr Menschen für diese außergewöhnliche Idee eines großen gemeinsamen Nationalparks zu begeistern, Wildtieren einen Rückzugsort zu bieten und um zu zeigen, wie vielfältig Garten sein kann, habe ich spontan entschieden, am Fotowettbewerb teilzunehmen.
Wie leicht bzw. schwer fiel Ihnen die Umstellung Ihres Gartens, und sind Ihnen seit der Umstellung Veränderungen im Tier-& Pflanzenreich Ihres Gartens aufgefallen?
Da ich in meinen Kleingarten, den ich seit 2009 bewirtschafte, von Beginn an keine Chemie verwende, habe ich diesbezüglich keine Umstellungsphase erlebt. Durch die zunehmende Bepflanzung mit mittlerweile mehr als 30 Obstbäumen und sehr viel mehr Beerensträuchern hat sich das Kleinklima verändert. Auch auf bescheidenen 300 m² finden verschiedene Kleinklimazonen Platz. Die Gartenlandschaft entspricht nun eher einem Frucht-Waldgarten, ist in Schichten aufgebaut und von vielfältigen Wild- und Kulturpflanzen bedeckt. Das erfreut die Vogel- und Insektenwelt und trägt ein Stück zur Selbstversorgung meiner Familie bei.
Was war die für Sie bisher schönste Erfahrung mit Ihrem Nationalpark Garten?
Die Erfahrung, dass ein naturnahen Garten ein besonders guter Ort zum Verweilen für Mensch und Tier ist, der Erholungswert sehr hoch ist, umgeben von essbaren Pflanzen, viel Grün und Wasserstellen. Nach einem anstrengenden Arbeitstag kann ich mich wunderbar in meinem Garten regenerieren und wieder neue Energie tanken!
Wie viel Zeit pro Woche/ Monat verbringen Sie mit der Pflege Ihres Gartens?
Das variiert natürlich mit der Jahreszeit, für Frühling und Herbst rechne ich maximal 5 Stunden pro Woche, inklusive Pflanzenanbau, Gießen und Ganzjahres-Vogelfütterung. Ab Mai, Juni wenn die Obsternte beginnt und der „Dschungel“ überhand nimmt, fallweise etwas mehr. Eine Großteil der Zeit jedoch bietet mir meine Grünoase Platz für Entspannung und Naturerlebnis.
Seit wann betreiben Sie naturnahes Gärtnern und hat sich die Gartenpflege seit der Umstellung auf einen "Naturgarten" verändert?
Seit ca. 20 Jahren bin ich in verschiedenen Gartenprojekten aktiv, teils auf gepachteten Flächen oder in Gemeinschaftsgärten. Jeder Garten ist anders und bietet spezielle Bedingungen und Möglichkeiten. In diesem Entwicklungsprozess habe ich gerne mit neuen Pflanzen experimentiert, und damit Erfahrungen sammeln können. Vor 10 Jahren waren auf meiner Gartenparzelle noch mehr freie Beetflächen zu finden, mit der dichteren Bepflanzung hat sich natürlich auch die Gartenpflege verändert. In meinem Garten gibt es nur ca. 4 m² Wiesenfläche, da entfällt das klassisches Rasen mähen. Hauptarbeit ist für mich das Regulieren des Pflanzenbewuchs wie Heckenschneiden, Zurückschneiden von zu dominanten Pflanzen, Trimmen der Wege, Aufbinden von Stauden, Vorziehen und Setzen von Pflanzen, Ernten von Obst, Gemüse und Kräutern. Weiters sind auf 1 m² Fläche erstaunlich viele unterschiedliche Pflanzen im Boden, es ist ein ständiges „Kommen und Gehen“ von Frühling bis Herbst.
Woher haben Sie Ihr Know-How fürs biodiverse, naturnahe Garteln?
Vor 5 Jahren entschied ich mich für die Ausbildung zur Diplom-Kräuterpädagogin und wählte dabei den Schwerpunkt Wildbienen und Blüten für meine Abschlussarbeit. Viel Input bekam ich über Fachliteratur und Kurse zum Thema Permakultur, Terra Preta, Gemüseanbau, der Teilnahme am Wildbestäuber – Intensivkurs - Bienenbestimmung im Riedingtal 2019, und dem Besuch verschiedener Permakultur-Projekte und Waldgärten. Weitere Inspiration durch die Naturheilkunde mit Gabriela Nedoma und dem Spezialisten für Landnutzungsformen und Kräuterkunde, Michael Machatschek.
Hat Ihnen GLOBAL 2000 mit der Initiative „Nationalpark Garten“ beim naturnahen Gärtnern geholfen?
Da ich erst seit ca. 1 Monat Teil des Nationalpark Gartens bin, ist es für mich noch zu bald um diese Frage zu beantworten. Ich sehe die Initiative als gute Plattform, um mehr Menschen dafür zu begeistern, ein Stück Wildnis zuzulassen und damit gefährdeten Tierarten mehr Raum zu geben.
Was sind Ihre Lieblingspflanzen?
Natternkopf, Glockenblumen, Herzgespann, Wollziest und Muskatellersalbei als Wildbienenfutter und als Augenweide. Meine Lieblinge bei den Obstbäumen sind die Feigen und Maulbeeren. Es gibt natürlich noch weitere besondere Pflanzen, die mich begeistern.
Welche Pflanzen sind Ihrer Meinung nach besonders gut für die Förderung von Biodiversität?
Für unsere Insekten- und Vogelwelt überwiegend heimische Wild- und Kulturpflanzen, an die die jeweiligen Spezialisten angepasst sind. Blühende Obstbäume,- Küchenkräuter und - Kulturpflanzen, aber keine Pflanzen mit gefüllten Blüten, da diese außer Schönheit nichts zu bieten haben.
Welche Tiere und heimische Nützlinge konnten Sie bereits in Ihre Gartenoase locken und beobachten?
Verschiedenste solitäre Wildbienen und Wespen, u.A. die blauschwarze Holzbiene als Dauergast dank Blütenbuffet, Wollbiene auf Wollziest und Schenkelbienen auf Gilbweiderich. Über 30 verschiedene Singvögel, darunter Kernbeißer, ein über 50 Individuen zählender Schwarm Erlenzeisige, Buntspechtgroßfamilie, Eichelhäher und diverse Krähenvögel, Siebenschläfer, Blindschleichen, Zauneidechsen, Erdkröte und Laubfrosch, Ringelnatter und Äskulapnatter, Igel, Eichhörnchen, Tigerschnegel, und zuletzt zwei Hirschkäfer.
Welche sind Ihnen die liebsten?
Aus der Wildbienenfamilie die gemeine Pelzbiene mit ihrem einzigartigen Flugstil und dem langen Rüssel. Besonders mag ich den Buntspecht, er ist sehr imposant und oft präsent, die farbenfrohen Stieglitze, die niedlichen Schwanzmeisen und den wendigen Kleiber.
Haben Sie mit Ihrem Natur-Garten bereits andere Personen inspirieren können?
Aus dem Freundes und Bekanntenkreis gab es in den letzten Jahren immer wieder Interesse an den unterschiedlichen essbaren Pflanzen und Wildkräutern sowie an der Vogel- und Insektenvielfalt.
Haben Sie persönliche Tipps für zukünftige Natur-GärtnerInnen?
Ich kann empfehlen, die Ressourcen eines Gartens gut zu nutzen, eine Kreislaufwirtschaft zu betreiben. In meinem Garten mulche oder kompostiere ich alle grünen Pflanzenteile, außer Dornengestrüpp und Thujenschnitt. Zum Kompost gebe ich Gesteinsmehl und Roprostreu (Holzkohle versetzt mit effektiven Mikroorganismen) und bekomme dadurch nährstoffreiche Schwarzerde. Baum u. Strauchschnitt bis ca. 2 cm Stärke wird gehäckselt und kommt zu den Heidelbeeren bzw. Himbeeren und als Deckschicht auf die schmalen Pfade. Die dickeren Astteile dürfen im Heidelbeerbeet verrotten, angelehnte Baumstämme dienen verschiedenen Insekten und Käferlarven als Quartier. So geht nichts an Biomasse verloren, der Humusgehalt wird vermehrt und das Bodenleben aktiviert. Zusätzlich spare ich mir eine Menge Transportwege. Auch die Regenwassernutzung ist ein wichtiges Element in meinem Biogarten, bis zu 1.400 Liter wertvolles Regenwasser wird in Wassertonnen, die zum Teil durch ein Schlauchstück miteinander verbunden sind, gespeichert und bei Bedarf zum Gießen verwendet, in Zeiten des Klimawandels eine kostbare Ressource.