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Klimawandel in Österreich
Welche Folgen hat der Klimawandel in Österreich und worauf müssen wir uns noch gefasst machen? Neben Gletscherschmelze, Hochwasser und Dürreperioden sind auch die wirtschaftlichen Folgen nicht außer Acht zu lassen.
Hitzewellen und ihre Gefahren
Während es Anfang des 20. Jahrhunderts in Österreich durchschnittlich zwei Tage mit über 30 Grad im Jahr gab, sind es im Jahr 2019 bereits 15. Dieser Wert wird sich bis 2030 voraussichtlich verdoppeln und bis Ende des Jahrhunderts auf 50 Tage pro Jahr ansteigen. Die Häufigkeit von Hitzewellen wiederum wird von derzeit (2019) fünf auf 15 gegen Ende des Jahrhunderts ansteigen. Bis Mitte des Jahrhunderts ist zu erwarten, dass sich die Länge von Hitzeepisoden mit über 30°C verdoppelt, bis Ende des Jahrhunderts könnte im Extremfall sogar eine Verzehnfachnung der Hitzetage auftreten. Bereits zu Beginn des Sommers 2021 spitze sich die Klimakrise mit Hitzewellen in mehreren Ländern zu.
Hitze belastet den menschlichen Organismus und kann bei schlechter gesundheitlicher Verfassung bis zum Tod führen. Zahlreiche empirische Studien belegen den Zusammenhang zwischen Hitzeperioden und erhöhten Sterberaten. Besonders verletzliche Bevölkerungsgruppen sind ältere oder chronisch kranke Menschen. Auch finanziell schlechter gestellte Personen sind verstärkt betroffen, weil sie häufiger in Gebäuden mit alter Bausubstanz leben müssen, die schlecht isoliert sind.
* "Heute" bezieht sich auf das Jahr 2019
Jährlich 3.000 Todesfälle mehr
Als Folge von vermehrten Hitzewellen werden bis Mitte des Jahrhunderts vor allem unter der älteren Bevölkerung hitzebedingte Todesfälle zunehmen. Pro Jahr werden zusätzlich bis zu 3.000 Todesfälle erwartet, in extremen Jahren könnte dieser Wert aber auch auf 6.000 bis 9.000 Todesfälle steigen. Bereits der Sommer 2018 führten die hohen Temperaturen zu 766 Hitzetoten, im Vergleich dazu gab es in diesem Jahr „nur“ 409 Verkehrstote.
Hitze in Städten
Alle Städte, aber vor allem der Wiener Stadtkern, sind durch zunehmende Hitze besonders betroffen. Denn bebaute Gebiete heizen sich weit stärker auf als unbebaute. Vermehrte Schlafstörungen und Gesundheitsprobleme belasten besonders Kinder und ältere Menschen. Die Tage mit Kühlungsbedarf werden sich bis 2050 verdoppeln. Im Sommer sind zunehmend Stromausfälle zu befürchten: Niedrige Flusswasserstände beschränken die Stromerzeugung aus Wasserkraft. Die Kühlung von kalorischen Kraftwerken ist ebenso auf kühles Flusswasser angewiesen. Der Kollaps des Energiesystems ist so eine reale Gefährdung.
Waldbrände
Durch trockene Sommer ist eine Zunahme an Häufigkeit und Schwere von Waldbränden in Österreich zu erwarten. Im Jahr 2015 gab es bereits mit Ende August 201 Waldbrände, im gesamten Jahr 2014 waren es nur 144. Ähnlich hohe Werte an Waldbränden gab es im Jahrhundertsommer 2003, wo es ebenfalls 203 Waldbrände gab. Durch den sich verstärkenden Klimawandel in Österreich ist zu erwarten, dass die Waldbrandgefahr weiter zunehmen wird.
Zunehmende Dürregefahr
Durch den Klimawandel in Österreich steigt auch die Dürregefahr. Bei höheren Temperaturen steigt die Verdunstung und Trockenperioden dauern länger. In Folge wird in Österreich die Gefahr, dass Dürren auftreten, um das Dreifache steigen, wenn nicht noch entschieden gegengesteuert wird. Dürren werden dann auch länger dauern als bisher.
Ein Blick auf den Sommer 2015 zeigt, dass es vor allem in Oberösterreich und Niederösterreich bis über Wien und das Nordburgenland überdurchschnittlich trocken war. Es regnete bis zu 43 % weniger als im Normalfall. Allein in Ostösterreich betrugen die Schäden laut der Hagelversicherung im Jahr 2015 etwa 100 Mio. Euro. Diese Situation wird sich voraussichtlich weiter verschärfen: Vor allem in den Sommermonaten Juni, Juli und August wird erwartet, dass extreme Trockenheit deutlich zunehmen wird. Ein Sommer mit vielen extrem heißen Tagen wie 2015 wird im Laufe des Jahrhunderts somit zum Normalfall werden.
Mitte des Jahrhunderts werden Dürren in Österreich mit Produktionsausfällen im Wert von 1,3 Mrd. EUR bereits alle drei Jahre erwartet. Auch in der Forstwirtschaft steigen dann die Schäden, weil Borkenkäfer immer bessere Bedingungen vorfinden und viele Baumarten unter Hitzestress stehen werden. Dürren und höhere Windspitzen erhöhen insgesamt zusätzlich die Schadwirkung und gefährden auch die Schutzwaldfunktion in sensiblen Gebieten.
Hochwassergefahr steigt
Allein in den letzten 14 Jahren gab es acht schwere Hochwasserereignisse mit Schäden von jeweils über 300 Mio. Euro, in den 20 Jahren davor waren es lediglich zwei. Das Hochwasser vom August 2002 forderte neun Todesopfer und verursachte Sachschäden von drei Milliarden Euro, vor allem in Ober- und Niederösterreich.
Selbst Gebiete, die bisher als hochwassersicher galten, blieben nicht verschont. 2005 folgte ein starkes Hochwasser in Westösterreich und 2006 eines an der March. 2013 waren Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Ober- und Niederösterreich von starkem Hochwasser betroffen.
Weniger Schnee und mehr Regen im Winter erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Winter-Hochwasserereignissen. Beispielsweise hatten die Hochwasser im Mai 1999 und im Jahr 2005 fast idente Niederschlagssummen, die Schneefallgrenze lag aber im Jahr 2005 um 900 Meter niedriger, wodurch in der Folge mehr Niederschlag als Regen fiel, was zu höheren Abflussraten und viel höheren Schäden führte. In Österreich ist die Schneefallgrenze seit 1950 bereits um hundert Meter gestiegen. Generell wird pro Grad Temperaturerwärmung mit einem Anstieg der Schneefallgrenze um 120 Meter gerechnet. Höhere Temperaturen können also dazu führen, dass in Zukunft schlimmere Hochwasser möglich werden, als dies bei gleich bleibender Wetterlage und Niederschlagssumme heute möglich wäre.
In Österreich hängen Hochwasserereignisse oft mit dem Auftreten einer bestimmten Wetterlage zusammen. Dabei entsteht erst ein Tief im Mittelmeer, das nach Osten wandert und feuchte Luftmassen nach Mitteleuropa transportiert. Es wird erwartet, dass durch höhere Temperaturen im Mittelmeerraum mehr Wasserdampf verdampft, was dazu führt, dass beim Auftreten dieser Wetterlage viel größere Feuchtigkeitsmaßen in der Luft transportiert werden. Dadurch können Hochwasser in Zukunft potenziell viel intensiver ausfallen.
Klimamodelle zeigen zudem, dass Österreich zwar einerseits trockener wird, aber auch, dass sich die Variabilität der Niederschlagsmuster verändern wird. Dabei werden Starkniederschläge in Österreich zwar wahrscheinlich weniger häufig auftreten, aber dafür an Intensität gewinnen. Das wiederum erhöht das Risiko von starken Hochwasserereignissen.
Lokale Hochwasser und Muren können auch von Gewittern und kurzen, intensiven Regengüssen ausgelöst werden. Wärmere Luft kann dabei mehr Wasser aufnehmen: Pro Grad Temperaturanstieg kann die Luft sieben Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen. Das heißt, bei einer um zehn Grad höheren Temperatur steht um die Hälfte mehr Wassermenge zur Verfügung, was das Schadenspotenzial beträchtlich erhöht.
Künftig bis zu 1,8 Mrd. Euro Schäden
Deshalb wird erwartet, dass Hochwasser in Zukunft größere Schäden anrichten als bisher. Waren im Zeitraum zwischen 1981 – 2010 durchschnittliche Schäden von 200 Mio. EUR pro Hochwasserereignis zu verzeichnen, werden es in der Periode 2035 – 2065 schon durchschnittlich 400 bis 1,8 Mrd. EUR sein. Die Schäden hundertjähriger Hochwasser werden sich dann auf 5 bis 7 Mrd. EUR verdoppeln. Bewertet wurden hier nur Gebäudeschäden. Rechnet man Schäden an der Infrastruktur, Straßen und Brücken hinzu werden die Kosten für die Allgemeinheit noch höher.
Die Gletscher schmelzen - Wintertourismus in Gefahr
Ein sichtbares Zeichen für die Folgen der globalen Erwärmung sind weltweit schmelzende Gletscher. In Österreich gibt es 925 Gletscher, praktisch alle verlieren an Masse – und zwar rasch. Zwischen 1969 und 1998 sind die Gletscher in Österreich um 16 Prozent zurückgegangen und seit 1998 nochmal um ein Fünftel. Für die nächsten 15 Jahre wird erwartet, dass bereits die Hälfte verschwunden sein wird und bis Ende des Jahrhunderts könnten Gletscher in Österreich sogar ganz verschwunden sein.
Lesen Sie hier mehr über die globalen Auswirkungen des Klimawandels.
Selbst in Klimaszenarien, die eine starke Reduktion der Treibhausgase vorsehen, wird erwartet, dass maximal ein Fünftel der Gletscher in Österreich noch gerettet werden kann. Das ist nicht nur für Liebhaber der Alpen ein schmerzlicher Verlust – es hat auch dramatische Folgen: So verschiebt sich die Grenze des ganzjährig gefrorenen Permafrostbodens immer weiter in Richtung Gipfel – schon 150 bis 200 Höhenmeter ist sie gewandert. Und wo der Boden taut, gerät er leicht ins Rutschen, ganze Berghänge können sich lösen. Dadurch wird der Bergsport immer gefährlicher, Wege werden instabil und es treten vermehrt Steinschläge auf.
Pro Grad Temperaturerwärmung ist von einem Anstieg der Schneefallgrenze um ca. 120 Meter zu rechnen. Bis Ende des Jahrhunderts wird in Österreich erwartet, dass die Schneefallgrenze um weitere 300 bis 600 Meter steigen wird. Am stärksten wird sich die Verkürzung der winterlichen Schneedeckendauer in Höhenlagen zwischen 1.000 und 2.000 Meter auswirken. Die folgende Grafik zeigt, welche Schigebiete in Österreich bei welchem Temperaturanstieg noch schneesicher sind. Bei einem Anstieg von 4 °C sind es nur noch wenige Schigebiete in Österreich. Derzeit bewegen wir uns auf eine Erwärmung in dieser Größenordnung zu. Die Klimaszenarien für Österreich zeigen eine Erwärmung von 3,5 °C, wenn sich die Temperatur global um etwa 2,8° erhöht. Die derzeit zugesagten Klimaschutzpläne der einzelnen Staaten würden zu einer Erwärmung von global etwa 2,7 °C führen.
Die Zukunft des Wintertourismus in Österreich sieht deshalb nicht rosig aus. Als erstes sind niedrig gelegene Schigebiete betroffen. Das ist nicht nur für begeisterte Wintersportler eine schlechte Nachricht. Wirtschaftlich ist das vor allem für Regionen von Bedeutung, die sehr stark von den Einnahmen des Wintertourismus abhängen und wenig andere wirtschaftliche Möglichkeiten haben. Die Verstärkung von Klimaschutzmaßnahmen und die Umsetzung der Klimaziele von Paris hätte also unmittelbaren Nutzen für den Wintersport in Österreich.
Wirtschaftliche Folgen
Der Klimawandel ist nicht nur für Mensch und Umwelt eine große Bedrohung, er hat auch hohe wirtschaftliche Folgekosten. Bereits heute betragen die wetter- und klimabedingten Schäden in Österreich etwa eine Milliarde Euro. Diese Kosten werden bis Mitte des Jahrhunderts auf bis zu 8,8 Mrd. EUR pro Jahr ansteigen. Und zwar schon im Fall einer globalen Erwärmung von 2 °C. Eine Beibehaltung des derzeitigen Emissionsniveaus hätte aber weit höhere Temperaturen zur Folge.
Einer der Gründe für die hohen Klimafolgekosten sind höhere Schäden durch Hochwasser. Es wird erwartet, dass Hochwasser in Zukunft viel größere Schäden anrichten werden als bisher. Waren im Zeitraum zwischen 1981 – 2010 durchschnittliche Schäden von 200 Mio. EUR pro Hochwasserereignis zu verzeichnen, werden es in der Periode 2035 – 2065 schon durchschnittlich 400 bis 1,8 Mrd. EUR sein. Die Schäden hundertjähriger Hochwasser werden sich auf 5 bis 7 Mrd. EUR verdoppeln. Bewertet wurden hier nur Gebäudeschäden. Berücksichtigt man Schäden an Infrastruktur, Straßen und Brücken, wären die Schäden noch viel höher.
Auch Schäden in der Land- und Forstwirtschaft nehmen zu. Einerseits profitiert die Landwirtschaft von längeren Vegetationsperioden und damit höherer Produktivität, dementgegen stehen aber häufigere Dürren und Schadereignisse. Mitte des Jahrhunderts werden Dürren in Österreich bereits alle drei Jahre mit Produktionsausfällen im Wert von 1,3 Mrd. Euro erwartet. In der Forstwirtschaft gibt es einerseits längere Vegetationsperioden, allerdings auch stärkere Schäden durch Borkenkäfer, die diese Effekte überkompensieren. Dürren und höhere Windspitzen erhöhen zusätzlich die Schadwirkung und gefährden die Schutzwaldfunktion in sensiblen Gebieten.
Hitzewellen und Gesundheitsfolgen verursachen weitere wirtschaftliche Schäden. So werden häufiger auftretende und intensivere Hitzewellen die Todesrate vor allem unter der älteren Bevölkerung erhöhen. Es ist von zusätzlich 1.000 Todesfällen pro Jahr in der Periode von 2035 bis 2065 auszugehen. Bei einzelnen Extremjahren kann diese Todesrate aber auch sechsfach höher ausfallen. Durch hitzebedingt abnehmende Arbeitsproduktivität werden zusätzlich verringerte Effekte in der Produktion im Wert von 140 Mio. EUR pro Jahr erwartet.
Auch der Tourismussektor ist stark betroffen. So wird erwartet, dass der Sommertourismus profitiert, aber die Verluste im Wintertourismus überwiegen. Netto wird von einem Verlust von 1,5 Mio. Nächtigungen pro Jahr ausgegangen und Netto-Verlusten in Höhe von 300 Mio. Euro pro Jahr. Dazu kommen weitere Folgewirkungen wie höhere Kosten durch Beschneiung oder Auswirkungen von Schadereignissen.
Die tatsächlichen Kosten des Klimawandels in Österreich liegen sogar noch höher als hier beschrieben, weil viele Effekte nicht bewertet wurden. Bis dato wurden nur einige der wichtigsten direkten Folgen von Klimaänderungen in Österreich bewertet. Indirekte Folgen, die sich durch globale Klima-Folgen ergeben, wie zum Beispiel Nahrungsmittelengpässe und höhere Preise für Grundnahrungsmittel oder Flüchtlingsströme, wurden nicht bewertet. Weiters wurden lediglich Bereiche untersucht, die mit heutigem Wissensstand auch quantifizierbar waren, wichtige Folgen wie zum Beispiel ökonomisch relevante Ökosystemdienstleistungen, wie die Bereitstellung von Trinkwasser, Boden- und Erosionsschutz oder die Schadstoffpufferfunktion der Böden wurden nicht untersucht oder konnten bis dato nur teilweise berücksichtigt werden.
Quellen: