23.06.2021

Stromversorgung ohne Kohle und Atomkraft

Die Studie der TU Wien bestätigt die Möglichkeit einer erneuerbaren und sicheren Stromversorgung in Kroatien und Slowenien – ohne Kohle- und Atomkraft.

Gemeinsam mit unserer slowenischen Partnerorganisation Focus und unseren kroatischen PartnerInnen von Zelena akzjia haben wir bei der TU Wien eine Studie zur alternativen Stromversorgung in Slowenien und Kroatien in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse der Studie zeigen Potenziale für Energieeinsparung und Erneuerbare Energien auf und bestätigen die problemlose Stilllegung des Erdbeben-Reaktors in Krško am Ende seiner geplanten Laufzeit 2023. Die Studie erörtert auch, wie sich der Übergang im Stromsektor auf das Erreichen der Energie- und Klimaverpflichtungen auswirken kann, und informiert über die Kosten.

Die Studie wurde von Gustav Resch, Lukas Liebmann und Jasper Geipel der Technischen Universität Wien (TU Wien), Energy Economics Group, erstellt.

Naturverträgliche Energiewende

Der Green New Deal von der Europäischen Kommission erfordert eine rasche naturverträgliche Energiewende. So sollen bis 2030 55 % der Treibhausgase reduziert werden. Laut Potenzial-Erhebung und Berechnungen der TU Wien ist das nicht nur möglich, sondern auch eine sinnvolle Investition nach der Corona-Krise zur Eindämmung der Erderwärmung. Erneuerbare Energien sind günstiger als die fossil-atomaren Systeme des letzten Jahrhunderts, wie auch die jährlichen Erhebungen der US Investmentbank Lazardexternal link, opens in a new tab zeigen.  

In Kroatien und Slowenien leisten Erneuerbare Energien bereits heute einen essentiellen Beitrag zur Deckung des Strombedarfs. Nach den letzten verfügbaren statistischen Daten (Eurostat, 2021) erreichten die Erneuerbaren Energien bis 2019 einen Anteil von ca. 32 % an der Bruttostromnachfrage. Historisch gesehen ist der Anteil in den letzten zehn Jahren stetig gewachsen. Dieses Wachstum muss in den kommenden Jahren, angesichts der politischen Verpflichtungen, und der Notwendigkeit zur Bekämpfung der Klimakrise, beschleunigt werden.

Anders als im Szenario der Staats-Regierungen kann 2030 laut Modellierung der TU Wien der Stromanteil aus Erneuerbaren Energien bereits bei 84 % anstatt 64 % (Kroatien) und 53 % anstatt 43 % (Slowenien) liegen. Kroatien könnte sich bis 2040 vollständig und Slowenien zu 80 % mit Grünstrom versorgen.

Die Sonnenkraft (Photovoltaik) und Windkraft übernehmen in beiden Ländern die Hauptlast des Wegfalls von der Kohle- und Atomkraft. Die Bioenergie kann dabei helfen, die wetterabhängige, schwankende Stromversorgung auszugleichen. Die Wasserkraft, deren naturverträgliche Potenziale ausgeschöpft sind, muss nicht weiter ausgebaut werden. Die nachfolgenden Diagramme der TU Wien zeigen die potenzielle Entwicklung der Erneuerbaren Energieformen in Slowenien und Kroatien zwischen 2020 und 2050.

 

Entwicklung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren im Just Transition Szenario in Slowenien nach Gustav Resch

Gustav Resch (Technische Universität Wien (TU Wien), Energy Economics Group)

 

Entwicklung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren im Just Transition Szenario in Kroatien

Gustav Resch (Technische Universität Wien (TU Wien), Energy Economics Group)

Erneuerbare Energien sind widerstandsfähiger

Innerhalb Sloweniens und Kroatiens wird die Stromerzeugung aus der Atomkraft oft als zuverlässige Energiequelle gesehen. Die Sicherheit ist durch die Reaktoren aber faktisch jetzt schon nicht gegeben, und wird mit zunehmendem Alter immer schlechter. Der World Nuclear Report zeigtexternal link, opens in a new tab, dass zum Beispiel in Frankreich, dem Land mit der größten Reaktorflotte in Europa, die Atomkraftwerke im Schnitt 96 Tage pro Jahr offline sind. Erneuerbare Energien (z. B.: Photovoltaik) sind robuster als Atomkraftwerke, da sie deutlich kleiner sind. Der Ausfall z. B. eines Windrads mit 3 Megawatt belastet das Gesamt-Stromnetz deutlich weniger als der schlagartige Wegfall eines Reaktors mit mehreren hundert bis über tausend Megawatt.

Stromnetzanalyse

Die Analyse bewies, dass das europäische Stromsystem den erwarteten starken Einsatz von Erneuerbaren Energien im Zeitraum bis 2030 gut bewältigen kann. Die Ergebnisse des stündlichen Dispatchings zeigen, dass Photovoltaik-Anlagen im Sommer einen hohen Anteil an der Gesamtnachfrage decken, während Windkraft dazu im Winter etwas mehr beiträgt. Langfristig (2050) ist ein Ausbau von Speichermöglichkeiten und Kapazitäten sowie einem weiteren Ausbau der Netzinfrastruktur notwendig.

Bundesregierung gefordert

Die Sicherstellung einer erschwinglichen Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien und ein gerechter Übergang in den von Kohle- und Atomkraft abhängigen Ländern ist möglich. Jetzt sind Bundeskanzler Nehammer und Umweltministerin Gewessler gefordert, im Zuge der von uns erkämpften grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung, auch die mögliche alternative Stromerzeugung ins Spiel zu bringen.