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Klimaschutz in Wien
Klimaschutz hat in der Bevölkerung Österreichs einen hohen Stellenwert, der mit zunehmenden Wissen um die Gefahr der Klimakrise weiter ansteigen wird. Dementsprechend hat sich die Politik ambitionierte Ziele gesetzt. Viele der Kompetenzen dafür liegen großteils oder teilweise auf der Bundesländer-Ebene. Wie ambitioniert und fortschrittlich Wien im Bereich Klimaschutz agiert, haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Wir haben uns für den Klimareport sowohl die gesteckten Klimaziele, als auch den Status Quo der einzelnen Bundesländer angesehen. Folgende Analysen bezieht sich auf das Bundesland Wien. Den gesamten Klimareport mit allen Bundesländern und einen Vergleich mit Österreich könne Sie im GLOBAL 2000 Klimareport nachlesen.
Klimaziele in Wien
Langfristige Ziele
Die Stadt Wien hat sich In ihrer Smart City-Rahmenstrategie im Bereich Ressourcenschonung u.a. folgende Leitziele gesteckt:
- Reduktion der Pro-Kopf-Emissionen (ohne EH) um 85% bis 2050 Vergleich zu 2005
- Senkung des Endenergieverbrauchs pro Kopf um 50% bis 2050 im Vergleich zu 2005
- Senkung der CO2-Emissionen pro Kopf im Verkehrsbereich um 100 % bis 2050 im Vergleich zu 2005
Mittelfristige Ziele
- Verdoppelung der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen im Stadtgebiet von 2005 bis 2030
- Steigerung des erneuerbarer Energieträger-Anteils am Endenergieverbrauch auf 30 % bis 2030 und auf 70 % bis 2050
- Senkung der CO2-Emissionen pro Kopf im Verkehrsbereich um 50 % bis 2030 im Vergleich zu 2005
- Steigerung des Anteils am erweiterten Umweltverbund (inkl. Sharing) am Modal Split auf 85 % bis 2030 und deutlich über 85 % bis 2050
- Senkung des Motorisierungsgrad auf 250 private PKW pro 1.000 EW bis 2030
- Ab 2050 sollen innerhalb der Stadtgrenzen nur mehr Autos mit alternativen Antriebstechnologien unterwegs sein.
- Senkung des Endenergieverbrauchs pro Kopf für Heizen, Kühlen und Warmwasser um 22 % bis 2030 im Vergleich zum Mittelwert der Jahre von 2005 bis 2010 und um 36 % bis 2050
- Deckung des Wärmeverbrauchs von neuen Gebäuden durch erneuerbare Energieträger oder Fernwärme bis 2050
Auch bis 2020 werden im Wiener Klimaschutzprogramm Ziele gesteckt:
- Reduzierung der entsprechenden Pro-Kopf-Emissionen um 21 % bis 2020 im Vergleich zu 1990
- Erhöhung des Fernwärme-Anteils auf 50 %
- Erhöhung des öffentlichen Verkehrs auf 40 % und jener des Radverkehrs auf 8 %
- 2020 soll um 3.000 GWh mehr Strom und Wärme aus erneuerbaren Energieträgern stammen als 1990
Laut der Evaluierung der Stadt Wien waren die entsprechenden Treibhausgasemissionen 2016 bereits um 18,3 % geringer und die Pro-Kopf-Emissionen sogar um 34 % geringer als 1990. Damit wird das selbst gesteckte Ziel einer Reduktion um 21 % aller Voraussicht nach erreicht werden. Der Fernwärme-Anteil konnte laut Energiebericht der Stadt von 37,7 % (2010) auf 40,2 % (2017) leicht gesteigert werden. Allerdings wird das Ziel, einen Anteil von 50 % bis 2020 zu erreichen damit wohl nicht erreicht werden. Der Anteil des öffentlichen Verkehrs ist zwischen 2010 und 2019 von 36 % auf 38 % und jener des Radverkehrs von 4 % auf 7 % gestiegen. Hier ist eine Zielerreichung noch möglich. Der Verbrauch an erneuerbaren Energien lag 2018 bereits bei 3.656 GWh, womit das Ziel erreicht ist.
Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Wien
In Wien sind die Treibhausgasemissionen seit 2010 um 0,3 % auf 6,65 Mio. t CO2-e im Jahr 2017 angestiegen, anstatt zu sinken. Während die Emissionen im Gebäudesektor zwar unterdurchschnittlich um 12,2 % auf 1,55 Mio. t gesenkt werden konnten, sind die Verkehrsemissionen um 2,1 % auf 3,35 Mio. t und damit geringer als in den anderen Bundesländern angestiegen.
Die Pro-Kopf-Emissionen sind seit 2010 um 10,3 % und damit deutlich stärker als in den anderen Bundesländern gesunken. Mit 3,5 t hat Wien die geringsten Pro-Kopf-Emissionen. Davon werden durchschnittlich 1,8 t, also mehr als die Hälfte, im Verkehrssektor emittiert, was dennoch den niedrigsten Wert in Österreich darstellt. Im Gebäudesektor werden 0,8 t pro Kopf emittiert. Auch hier weist Wien gemeinsam mit Kärnten und der Steiermark den geringsten Wert auf.
Entwicklung des Energieverbrauchs und Anteil erneuerbarer Energien
Im Gegensatz zu den Treibhausgasemissionen konnte der Bruttoinlandsverbrauch an Energie in Wien seit 2010 um 4,8 % auf 140,0 PJ im Jahr 2018 reduziert werden (-7,1 PJ). Damit gehört das Land gemeinsam mit Salzburg und Vorarlberg zu den drei Bundesländern, die ihren Verbrauch reduzieren konnten. Während der Verbrauch erneuerbarer Energien nur um 1,0 PJ gesunken ist (-7,3 %), ist der Verbrauch fossiler Energien gleichzeitig um 6,0 PJ gesunken (-4,5 %).
Der Anteil erneuerbarer Energien ist allerdings insgesamt um 0,2 %-Pkt. zurückgegangen und liegt nun bei 9,4 %. Einzig in Tirol ist der Anteil erneuerbarer Energie ebenfalls leicht zurückgegangen.
Ökostrom-Anteil
Die Stromproduktion erfolgte in Wien im Jahr 2018 zu 75,3 % aus fossilen Energien. Ein großer Anteil wird auch aus Wasserkraft gewonnen (17,4 %). Weitere erneuerbare Quellen sind Bioenergie (4,0 %), Photovoltaik und Geothermie (0,6 %) und Windkraft (0,2 %). Vergleichsweise wenig entwickelt ist die Sonnenstromproduktion: Pro EinwohnerIn und Jahr werden 19,5 kWh PV-Strom produziert – somit der niedrigste Wert unter den Bundesländern. Bei der Produktion liegt der Anteil bei 22,2 %.
Da Wien mehr Strom verbraucht, als es produziert, mussten 38,2 % (netto) des verbrauchten Stroms im Jahr 2018 importiert werden. Der Anteil der inländischen Ökostromproduktion am Stromverbrauch (Bruttoinlandsverbrauch) liegt bei 13,7 %.
Wärmewende
Der Anteil der Fernwärmeerzeugung aus erneuerbaren Quellen liegt bei nur 15,4 %, wobei vor allem Bioenergie eingesetzt wird. Die Fernwärmeerzeugung erfolgte in Wien im Jahr 2018 zu 66,2 % aus fossiler Energien und zu 18,3 % aus anorganischem Abfall. Auf die Solar- und Geothermie fallen nur 0,1 %. Das ist österreichweit der mit Abstand niedrigste Wert. Der Anteil aus KWK-Anlagen ist mit 80,0 % jedoch österreichweit am höchsten. In Wien sind 45,2 % der Hauptwohnsitze an das Fernwärmenetz angeschlossen – österreichweit der mit Abstand höchste Wert.
Die thermisch-energetische Sanierungsrate lag in Wien im Jahr 2018 bei 1,0 % und damit deutlich unter dem durchschnittlichen Wert der letzten 10 Jahre (1,5 %). Damit liegt Wien deutlich unter dem österreichischen Schnitt von 1,4 % und weit weg von der notwendigen Sanierungsrate von 3 %.
Der Anteil der Wohnsitze mit einem Einzel- oder Zentralheizsystem, das mit fossilen Rohstoffen betrieben wird, ist mit 47,0 % nur in Niederösterreich noch etwas höher, wobei 45,5 % mit Erdgas und 1,4 % mit Heizöl heizen. 0,8 % der Wohnsitze heizen mit Biomasse. Weitere 1,1 % sind mit einer Wärmepumpe ausgestattet oder nutzen ein solares Heizsystem. Die übrigen 5,9 % heizen überwiegend mit elektrischem Strom.
Mobilität
In Wien werden 25 % der Wege mit dem motorisierten Individualverkehr (MIV), 38 % mit dem öffentlichen Verkehr, 7 % mit dem Fahrrad und 30 % zu Fuß zurückgelegt. Damit weist die Stadt Wien österreichweit den geringsten MIV-Anteil und gleichzeitig die höchsten ÖV- und Fußweg-Anteile auf.
Der Motorisierungsgrad liegt bei 374,0 PKW/1.000 EW und ist seit 2010 um 5,1 % gesunken, während er in allen anderen Bundesländern angestiegen ist. 17,5 % der privaten PKW sind Zweit- bzw. Drittwagen. Auch hier weist man österreichweit den niedrigsten Wert auf. Der E-Auto-Anteil liegt bei 0,5 % und ist nur in Kärnten und im Burgenland niedriger. Anreize für den Umstieg auf den öffentlichen Verkehr werden gesetzt: Seit 2012 ist in Wien für den öffentlichen Verkehr eine Jahreskarte für 365 € erhältlich. Die Jahreskarte ist in Wien am günstigen.
Mit dem Fahrrad fahren die WienerInnen durchschnittlich 0,43 km pro Tag. Gemessen an der Strecke wird nur in Kärnten und im Burgenland weniger Rad gefahren, was jedoch auch auf die vergleichsweise kurzen Wege in der Stadt zurückzuführen ist.
Die gesamte Verkehrsfläche Wiens hat seit 2010 um 10,7 % zugenommen und beträgt 62 km2. Das ergibt 33 m2 Verkehrsfläche pro EinwohnerIn. Trotz der starken Zunahme ist das österreichweit der niedrigste Wert.
Anteil der Bio-Landwirtschaft
Der Bio-Anteil bei den landwirtschaftlich genutzten Flächen liegt in Wien bei 33,5 % und ist in 3 Jahren (seit 2016) um 6,5 %-Pkt. gestiegen. Nur im Burgenland gab es eine stärkere Zunahme und nur in Salzburg und im Burgenland ist der Anteil höher. Bei den landwirtschaftlichen Betrieben liegt der Anteil bei 27,3 % und hat im gleichen Zeitraum um 6,6 %-Pkt. zugenommen. Hier liegt die Stadt Wien hinter Salzburg an zweiter Stelle.
Unser Kommentar
Was Klimaziele angeht, setzt Wien stark auf Pro-Kopf-Ziele. Es gibt noch keine klare Zielformulierung über den vollständigen Ausstieg fossiler Energien, wie das in fast allen anderen Bundesländern bereits geschehen ist. Das erklärte Ziel bis 2050 einen Anteil von 70 % erneuerbarer Energien zu erreichen, ist für eine Großstadt ein anspruchsvolles Ziel. Dennoch hinkt damit die Stadt Wien dem Zeitplan der wissenschaftlichen Erfordernis eines kompletten Ausstiegs fossiler Energie deutlich vor 2050 hinterher. Mit dem Ziel, ab dem Jahr 2050 nur noch Autos mit alternativen Antrieben im Stadtgebiet zuzulassen, hat Wien als einziges Bundesland ein derartiges Ziel definiert. Aber das Ziel der Bundesregierung, Klimaneutralität 2040 zu erreichen, kann damit noch nicht erreicht werden. Hier gilt es nachzuschärfen.
Zwar sinken in Wien die Treibhausgasemissionen pro Kopf und in diesem Bereich hat Wien die mit Abstand niedrigsten Werte, allerdings darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in Wien im Vergleichszeitraum einen leichten Anstieg der gesamten Treibhausgasemissionen gab, während eine rasche und deutliche Emissionsminderung erforderlich wäre. Dabei sind die Emissionen aus dem Gebäudebereich weniger stark gesunken als in anderen Bundesländern, die Verkehrsemissionen hingegen weniger stark gestiegen als in anderen Bundesländern. In beiden Bereichen müssen die Anstrengungen deutlich erhöht werden.
Kritisch ist, dass Wien mit einem Anteil von 47 % einen der höchsten Anteile von fossilen Heizungen hat. Nur in Niederösterreich ist der Anteil fossiler Heizungen höher. Gleichzeitig ist die Sanierungsrate weit weg von den erforderlichen 3 %. Hier ist eine neue Sanierungsoffensive erforderlich und eine Ausstiegsstrategie aus Gasheizungen.
Positiv ist, dass es in Wien gelungen ist den Motorisierungsgrad um 5 % gegenüber 2010 zu senken. Wien ist damit das einzige Bundesland in Österreich das den PKW-Bestand pro EinwohnerIn reduzieren konnte. In allen anderen Bundesländern steigt die PKW-Dichte teils stark an.
Allerdings ist in Wien der Stellenwert des Fahrrads noch immer unterentwickelt. Mit 0,4 km pro Tag wird nur in Kärnten und dem Burgenland weniger Fahrrad gefahren. Aufgrund der oft sehr kurzen Wegdistanzen in städtischem Gebiet ist hier noch großes Potenzial vorhanden, das dringend gehoben werden sollte. Im Verkehrsbereich ist darüber hinaus eine Zusammenarbeit auf bundes- und europapolitischer Ebene notwendig, um den Güterverkehr verstärkt auf die Schiene zu verlagern.
Quellen zu den obigen Infografiken und Zahlen im Text finden Sie im gesamten "GLOBAL 2000 Klimareport - Die Bundesländer in Vergleich".
Klimaprojekte & -initiativen in Wien
Die Kleine Stadt Farm
Als gemeinschaftliche Urban-Farming-Initiative ist die Kleine Stadt Farmexternal link, opens in a new tab ein Verband vieler kleiner Vereine, die vielfältige ökologische und soziale Projekte vor allem im Bereich der alternativen Landwirtschaft und Ernährungssouveränität umsetzen. Ein großer Wert wird dabei auf die kleinteilige biologische Landwirtschaft und die Kreislaufwirtschaft gelegt. Durch Einarbeitung von Pflanzenkohle in den Humus und die Erde (Terra Preta bzw. Klimafarming) wird nicht nur die Bodenfruchtbarkeit verbessert, sondern auch Kohlenstoff im Boden gebunden und damit aktiver Klimaschutz betrieben.
„Bikes and Rails“ – Passivwohnhaus in Holzriegelbauweise
Die Baugruppe "Bikes and Rails"external link, opens in a new tab errichtete im Stadtentwicklungsgebiet Sonnwendviertel-Ost hinter dem Wiener Hauptbahnhof ein Mietshaus in Passiv- und Holzriegelbauweise mit 18 Wohnungen, Gewerbeflächen und Gemeinschaftsräumen. Dabei wurde auf eine nicht nur nachhaltige sondern auch auf eine fürs Radfahren optimierte Architektur geachtet. Im Erdgeschoss befindet sich neben dem Grätzel-Treffpunkt mit Café auch eine Fahrrad-Werkstatt.
Sanierung des Goethehof
Die Sanierung des Gemeindebaus Goetehofexternal link, opens in a new tab in der Donaustadt hat gezeigt, dass auch bei denkmalgeschützten Gebäuden hohe Effizienzstandards möglich sind. Insgesamt 42 Mio. € wurden in die Renovierung der bestehenden Wohnungen, die barrierefreie Erschließung, den Dachbodenausbau, den Fernwärmeanschluss, den Fenstertausch und die Außenwand- und Wärmedämmung investiert. Die architektonisch im Detail unterschiedlichen Bauteile wurden im Zuge der Sanierung originalgetreu wiederhergestellt. Neben der Restaurierung zahlreicher Fassadenkunstwerke, konnte auch der Energiebedarf um 73,3 % gesenkt werden.