23.06.2023

Der Raupentag 2023: Schützen wir die Kinder der Schmetterlinge

Am 19. Juni fand der österreichische Raupentag statt. Denn die Nachkommen der Schmetterlinge sind ein wichtiger Teil unseres Ökosystems. Gefeiert wurde auf der Schmetterlingswiese im Donaupark. Die Wiener Umweltanwaltschaft und GLOBAL 2000 haben den Raupen einen ganzen Tag gewidmet und alles Wissenswerte an die teilnehmenden Schulklassen vermittelt.

Wer Schmetterlinge liebt, der schützt die Raupen

Viele Menschen freuen sich über hübsche Schmetterlinge in ihrem Garten. Zugleich sind ihre Kinder, die Raupen, deutlich weniger beliebt. Oft werden sie in der Sorge, Schädlinge zu sein, entfernt oder bekämpft. In den meisten Fällen zu Unrecht, denn von den 4.000 Arten von Schmetterlingsraupen sind höchstens eine Handvoll Schädlinge. Alle anderen sollten wir als wichtigen Teil unseres Ökosystems begrüßen. Außerdem wachsen sie teils zu seltenen und wunderschönen Schmetterlingsarten im Garten und Wiesen heran. 

Daher sollten im eigenen Garten und auf nicht landwirtschaftlichen Flächen Raupen nicht mit Gift bekämpft werden. Die vergifteten Raupen werden von anderen Tieren gefressen und die Pestizide reichern sich in der Nahrungskette an. Der Schaden für die Natur wird somit noch größer.

Raupen stehen auf dem Speiseplan vieler Tiere

Raupen sind somit ein wesentlicher Teil in den Nahrungsketten unserer Ökosysteme. Ein Schmetterlingsweibchen legt hunderte bis tausende Eier. Von den daraus schlüpfenden Raupen entwickelt sich nur ein kleiner Bruchteil zu Faltern. Die meisten werden gefressen. Vor allem Vögel sind vielfach von dieser Futterquelle abhängig. Der Rückgang der Vögel steht also auch im Zusammenhang mit dem Rückgang der Raupen und Schmetterlinge. Außerdem ernähren sich viele Reptilien, Igel, Kleinsäuger und Amphibien zum Teil von Raupen.

Dominik Linhard

"Raupen sind wichtige Akteure in unseren Ökosystemen, da sie wesentlich zum Abbau von pflanzlichem und tierischem Material beitragen, wichtige Nahrungsquelle für andere Tiere wie Vögel, Fledermäuse, Amphibien oder Reptilien sind und Pflanzenwachstum entweder fördern oder bremsen. Die Kinder der Schmetterlinge sind dadurch unentbehrlich für ein stabiles ökologisches Gleichgewicht."

Dominik Linhard, GLOBAL 2000-Biodiversitäts-Experte
GLOBAL 2000 / Christopher Glanzl

Raupen - Großer Gabelschwanz, Wiener Nachtpfauenauge, Kleines Nachtpfauenauge

Raupen sind Überlebenskünstler

Damit trotz der Ablage von hunderten bis tausenden Eiern pro Schmetterlingsweibchen wenigstens so viele überleben, dass die Population erhalten bleibt, haben Raupen fantastische Überlebenstricks entwickelt:

  • In Hawaii wurden jagende Raupen entdeckt.
  • Es gibt Raupen, die leben auf oder sogar unter Wasser und können sich bei Überschwemmungen unter Wasser weiterentwickeln.
  • Manche Raupen warnen Feinde mit Zirp-Geräuschen so laut wie Telefone oder mit chemischen Waffen. 
  • Die Raupe des heimischen Großen Gabelschwanzes verspritzt bis zu 30 cm weit ätzende Ameisensäure.
  • „Fliegende“ Raupen verteilen sich über Kilometer mit dem Wind, ein Vorgang, der Ballooning genannt wird. Ein Beispiel ist die Raupe des Schlehen-Bürstenspinners.
  • Der Birkenspanner hat eine perfekte Tarnstrategie entwickelt. In seiner Haut befinden sich Sehzellen, die der Raupe erlauben, sich ähnlich einem Chamäleon farblich an die Umgebung anzupassen. 
  • Einige Arten von Ameisenbläulingen werden nicht wie sonst üblich von Ameisen verspeist, sondern von ihnen durch chemische Tarnung oder Zuckerausscheidungen geschützt, gepflegt, gefüttert oder ernähren sich sogar von der Ameisenbrut.

Fun fact:

Raupen können in nur wenigen Wochen das Dreitausendfache an Gewicht zunehmen. Um diese Stoffwechselleistung einmal zu versinnbildlichen: Stellen Sie sich ein Menschenbaby vor, das bei seiner Geburt 3 Kilogramm wiegt und nur zwei Monate später das Gewicht zweier ausgewachsener Elefanten auf die Waage bringt.

Schmetterlinge sind gefährdet - und somit auch ihre Raupen

Aber all diese staunenswerten Überlebensstrategien helfen den Raupen nicht gegen die menschlichen Eingriffe in die Natur. In Österreich sind mehr als die Hälfte aller Tagfalter und etwa 40 % aller Nachtfalter gefährdet. Dies ist in erster Linie auf die Zerstörung von Lebensräumen und mit dem damit verbundenen Verschwinden von Futterpflanzen für die Raupen zurückzuführen. Ohne Raupen keine Schmetterlinge und ohne Futterpflanzen keine Raupen.

Der Raupentag zeigt, wie wichtig Artenvielfalt ist

Die Wiener Umweltanwaltschaft hat mit der Schmetterlingswiese im Donauparkexternal link, opens in a new tab ein wunderbares Beispiel geschaffen, wie eine Fläche gestaltet und gepflegt werden kann, sodass eine Vielfalt an Lebensräumen entsteht, von der unterschiedlichste Schmetterlinge profitieren. Hier wird auch jährlich der GLOBAL 2000 Raupentag gefeiert. Am 19. Juni hat bereits der 4. Raupentag auf der Schmetterlingswiese stattgefunden. Marion Jaros, von der Wiener Umweltanwaltschaft und Raupen-Expertin, gibt ihr Wissen an interessierte Kinder weiter, die die Raupen hautnah erleben dürfen. Die Workshops für Schulklassen sind auch dieses Jahr wieder auf große Begeisterung bei den jungen Forscher:innen gestoßen

"Raupen sind für mich in ihrer unglaublichen Vielfalt an Überlebenstricks, ihrem Waffenarsenal zur Abwehr von Fressfeinden und ihrer teilweise bizarren Schönheit spannender als die Schmetterlinge selbst.“

DI Marion Jaros, Wiener Umweltanwaltschaft & Raupen-Expertin

5 Tipps für den Schutz von Raupen im eigenen Garten

Sträucher wie Schlehe, Salweide, Haselnuss oder Weißdorn sind beliebte Lebensräume für Schmetterlinge und Raupen.

Flächen wo Brennnesseln, Disteln oder Klee-Arten wachsen beim Rasenmähen auslassen und damit ein Fleckerl im Garten der Natur zurück geben.  Schmetterlinge brauchen ungestörte Plätze um ihre gesamte Entwicklung durchmachen zu können. 

Denn diese wirken sich für Schmetterlinge ungünstig auf die Artenzusammensetzung der Vegetation aus und sie verändern außerdem die Chemie der Pflanzen, was sie für Schmetterlinge weniger wertvoll macht. Es kann sogar passieren, dass die Tiere ihre Nahrungspflanzen nicht mehr erkennen, weil der Dünger ihren Duft verändert.

Denn chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel sind sowohl eine akute als auch eine langfristige Gefahr für Schmetterlinge und andere Lebewesen. Behandeln Sie keinesfalls blühende Pflanzen!

Und schützen Sie damit nachtaktive Tiere, wie Nachtfalter. 

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