10.02.2025

Geleakt: blau-türkises Verhandlungspapier

Was passiert momentan in den Regierungsverhandlungen von blau-türkis? Uns liegt das geleakte Verhandlungspapier vor und es birgt keine guten Nachrichten: wir sehen darin eine große Gefahr für Mensch, Natur und Umwelt. Machen Sie sich Ihr eigenes Bild und laden Sie das Verhandlungspapier bei uns herunter.

Wir sind empört

Die geleakten Pläne der blau-türkisen Verhandlungen im Umwelt- und Klimabereich sind nicht zumutbar. Das Verhandlungsdokument liegt uns vor und enthält im Wesentlichen Vorhaben, wie Umweltstandards in Österreich abgebaut werden sollen.

Johannes Wahlmüller

"Die blau-türkisen Verhandler:innen planen offenbar einen Großangriff auf Umwelt- und Klimaschutz im Land. Nach den milliardenschweren Kürzungen sollen nun sämtliche Umweltstandards auf Mindestniveau heruntergeschraubt werden. Jahrzehntelange Errungenschaften im Bereich saubere Luft, gesundes Wasser und intakter Natur, auf die die Österreicher:innen zu Recht stolz sind, drohen nun in wenigen Jahren zunichte gemacht zu werden. Wir sind empört, dass solche Vorschläge in einem geleakten Entwurf eines Regierungsprogramm einer österreichischen Regierung im 21. Jahrhundert enthalten sein können,"

Johannes Wahlmüller, GLOBAL 2000. Klima- und Energiesprecher

Formulierungen zur gezielten Verschleierung

Im Verhandlungsdokument selbst werden häufig Formulierungen gewählt, welche die Absichten dahinter gezielt verschleiern sollen. In vielen Fällen soll etwa “evaluiert” oder eine “Umsetzung mit Augenmaß” vorgenommen werden. Weiters werden zwar allgemeine Bekenntnisse zum Umweltschutz abgegeben, dann fehlen aber konkrete Maßnahmen oder es werden sogar kontraproduktive Maßnahmen angeführt. Es ist ersichtlich, dass Umwelt- und Klimaschutzziele wirtschaftlichen Interessen klar untergeordnet werden.

Evaluierung aller Rechtsmaterien mit Umweltbezug hinsichtlich der Übererfüllung von EU-Zielvorgaben und Rückabwicklung des Gold-Platings sowie Evaluierung in Hinsicht auf Hemmnisse für den Wirtschaftsstandort Österreich (S. 216)

Wir kritisieren besonders, dass blau-türkis:

  • flächendeckend Umweltstandards senken will (“Rückabwicklung des Gold Plating”),
  • Energieeffizienzstandards senken will (“Evaluierung auf Gold Plating und Rückführung”)
  • sich gegen einen klaren Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen ausspricht (stattdessen “Technologieoffenheit”).

Evaluierung aller Sanierungs- und Energieeffizienzvorgaben hinsichtlich Gold-Plating und Rückführung auf die tatsächlichen Vorgaben  (S. 169)

Technologieoffenheit und Energieträgerneutralität bei Gebäudesanierungen (S. 169)

Unter dem Schlagwort der Technologieoffenheit propagiert man zudem weiterhin E-Fuels, deren Ineffizienz auch nicht von blau-türkis negiert werden kann. Ein klares Bekenntnis zur Klimaneutralität 2040 fehlt im Regierungsprogramm, womit klare Orientierungspunkte im Umwelt- und Klimabereich in Zukunft fehlen werden. Erwartet werden kann zudem eine negative Rolle der kommenden Regierung auf EU-Ebene. Im geleakten Verhandlungsdokument spricht man sich gegen die Umsetzung des Europäischen Green Deal aus (stattdessen “Revision des Green Deal”). Schon zuvor hat sich die FPÖ jahrelang vehement gegen den Europäischen Green Deal eingesetzt.

1.2. Grundsätzliche Verankerung von Technologieoffenheit zur Stärkung der heimischen Innovationskraft, bspw. im Bereich Wasserstoff, erneuerbarer Kraftstoffe, e-Fuels. (S. 169)

Die Bundesregierung setzt sich auf europäischer Ebene für eine Evaluierung und zielgerichtete Revision des Green Deals in seiner aktuellen Form sowie für eine umfassende Folgenabschätzung der kumulierten Auswirkungen der Green-Deal Gesetzgebung ein. Insbesondere sollen wohlstands- und standortsgefährdende Zielkonflikte identifiziert werden. (S. 217)

Verkehrsreduktion? Brauchen wir nicht

Das Kapitel zum Thema Verkehr zeigt klar, dass Klimaschutz in diesem Papier nicht zu den Prioritäten zählt. Bei Maßnahmen zur Einsparung von Treibhausgasemissionen wird großteils auf Freiwilligkeit gesetzt, die wenigen Sätze, die Klimaschutz überhaupt erwähnen, stehen großteils noch auf Rot, haben also nicht die Zustimmung beider Parteien. Gleichzeitig liegt ein großer Fokus auf dem Vorantreiben von Straßenbauprojekten, der Stärkung der Automobilindustrie und auch der Stärkung der Luftfahrt. Dort, wo man sich auf Klimaschutzpunkte einigen konnte, wird vor allem auf technische Lösungen gesetzt, nicht aber auf Verkehrsreduktion.

Neubau und Fertigstellungen von Autobahnen und Schnellstraßen die bereits im Bundesstraßengesetz 1971 aufgenommen sind. Zur Ankurbelung der heimischen Wirtschaft sowie zur dringend notwendigen Entlastung der Bevölkerung von Durchzugsverkehr und dessen negativen Begleiterscheinungen werden Straßenbauprojekte, die bereits über eine Genehmigung verfügen, schnellstmöglich realisiert und anhängige Verfahren und Planungen zügig weitergeführt. (S. 184)

Prüfung der Aufnahme von weiteren notwendigen Infrastrukturprojekten in das Bundesstraßengesetz 1971. (S. 185)

Hannah Keller, Pressesprecherin

“In Zeiten der Klimakrise beim Thema Verkehr nicht über die Reduktion des motorisierten Individualverkehrs zu sprechen, ist grob fahrlässig. Stattdessen sollen Straßenbauprojekte vorangetreiben und eine Erhöhung der Maximalgeschwindigkeit auf den Autobahnen diskutiert werden”

Hannah Keller, GLOBAL 2000 Klima- und Energiesprecherin

Nächste Bundesregierung muss Österreich auf Kurs zur Einhaltung der Klimaziele bringen

Dafür braucht es gezielte Maßnahmen zur Emissionsreduktion und einen Fokus auf den Ausbau des öffentlichen und des nicht motorisierten Verkehrs. Wird das vorliegende Papier umgesetzt, dann macht Österreich im Bereich Verkehr mehrere Schritte zurück. Dabei bräuchte unser Land gerade in diesem Punkt einen riesigen Schritt nach vorne. 

Disclaimer: Dieses Verhandlungsdokument wurde uns zugespielt. Die Echtheit wurde von ÖVP und FPÖ noch nicht bestätigt. 

Für eine lebenswerte Zukunft

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