12.09.2024

Der große GLOBAL 2000-Wahlprogramm-Check in Hinblick auf Klimaschutz

GLOBAL 2000 checkt vor der Nationalratswahl die Wahlprogramme der großen Parteien auf Klimaschutz: Von ambitionierten Programmen hin zu Scheinlösungen und Klimaschutz als Nebenthema ist alles dabei

Eine Infografik mit dem Titel 'Der Klimaschutz-Wahlprogramm-Check' vergleicht die Positionen verschiedener politischer Parteien zu Umweltfragen. Die Spalten sind mit den Logos der Parteien beschriftet, die Zeilen enthalten verschiedene Fragen zum Thema Klima. Symbole kennzeichnen die Haltung der jeweiligen Partei. Korrigierte Version vom 16.09.24
GLOBAL 2000

Grafik zum Wahlprogrammcheck. Erläuterung zu einer Korrektur am 16.09.24 am Ende des Textes.

Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 hat im Vorfeld der Nationalratswahl am 29. September die Wahlprogramme der größten Parteien analysiert. Überprüft wurden die Wahlprogramme auf sieben zentrale Klimaschutzmaßnahmen. Die Ergebnisse fasst Viktoria Auer, Klima- und Energiesprecherin von GLOBAL 2000 zusammen: „Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen der Menschheit – auch für Österreich. Doch wenn die richtigen politischen Maßnahmen gesetzt werden, kann sie zu einer unserer größten Chancen werden! Leider haben dies noch nicht alle Parteien erkannt. Einige Wahlprogramme weisen wenige Maßnahmen und kaum Commitment auf, andere halten an Scheinlösungen fest. Zwei Parteien konnten allerdings mit besonders viel Ambition im Wahlprogramm überzeugen.“

Folgende Parteien waren Teil der Analyse: ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne, NEOS, KPÖ und Bierpartei. Im Vorfeld der Analyse hat GLOBAL 2000 sieben wichtige Forderungen definiert, anhand derer die aktuellen Wahlprogramme beurteilt wurden.

Viktoria Auer

 „Wir möchten mit unserem Wahlprogramm-Check den Menschen eine einfache Möglichkeit bieten, die Standpunkte der unterschiedlichen Parteien zu bewerten, ohne sich die Mühe zu machen, jedes Programm durchzuarbeiten. Die nächsten fünf Jahre bis 2029 werden entscheidend sein, um wichtige Weichen für den Klimaschutz zu stellen und Österreich zukunftsfit zu machen. Wir appellieren an alle Wähler:innen, ihre Stimme am 29. September zu nutzen“.

Viktoria Auer, GLOBAL 2000 Klima- und Energiesprecherin

Die konkreten Forderungen und die Ergebnisse der Analyse der Wahlprogramme:

1. Klimaneutralität Österreich bis 2040

Die einzigen Parteien, die sich in den Wahlprogrammen dezidiert für die Klimaneutralität bis 2040 in Österreich aussprechen, sind die SPÖ und die Grünen. So schreibt die SPÖ in ihr Programm „CO2-Neutralität bis 2040 ist alternativlos.“ und die Grünen „Das Ziel ist klar: Österreich wird bis 2040 klimaneutral.“ Die ÖVP bekennt sich zwar zum Pariser Klimaabkommen, jedoch wird nicht erläutert, was das für Österreich bedeuten soll. Ebenso wird das „klimaneutrale Österreich“ auch von NEOS erwähnt, aber dies ohne Datum. Bei der Eindämmung der Klimakrise spielt ein verbindlicher Zeitplan jedoch eine erhebliche Rolle. Bierpartei und KPÖ erwähnen in ihren Punkten die Klimaneutralität von Österreich nicht. Die FPÖ gibt zu verstehen, dass die Klimaneutralität keinen hohen Stellenwert für sie hat: „Klimaneutralität ist kein Selbstzweck“.

2. Klimaschutzgesetz mit verpflichtendem Ausstiegspfad für fossile Energien

Ein Bekenntnis zu einem Klimaschutzgesetz findet sich nur im Wahlprogramm der SPÖ und der Grünen. Hier beschreiben vor allem die Grünen sehr genau, wie dieses ausschauen könnte, mit „klaren Zielen und Vorgaben für alle Sektoren, wie zum Beispiel ein verbindliches CO2-Budget, das festlegt, wie viel Emissionen wir uns noch leisten können.“ ÖVP, NEOS, Bierpartei und KPÖ erwähnen ein solches Gesetz in ihrem Programm nicht. Für die FPÖ hat Klimaschutz offenbar keine Priorität, im Wahlprogramm spielt die FPÖ die Klimakrise herunter und spricht von “Klimahysterie”. ‘“Und das obwohl die Auswirkungen der Klimakrise jetzt schon einen Großteil der Bevölkerung in Österreich durch immer mehr Hitzewellen, Überschwemmungen, Waldbrände, Dürre, Hagelschäden etc. betrifft”, kritisiert Viktoria Auer.

3. Langfristige Absicherung und Ausbau bestehender Klimabudgets

Auch hier zeigt sich wie schon bei den vorherigen beiden Punkten, dass vor allem SPÖ und die Grünen Wert auf langfristige Absicherung und den Ausbau bestehender Klimabudgets legen, während die anderen Parteien dieses Thema in ihren Programmen ausklammern.

4. Bekenntnis zum Ausbau naturverträglicher Erneuerbarer Energien (mit Fokus auf Photovoltaik (PV) und Wind)

Dies ist der einzige Punkt, der wirklich von allen Parteien in ihren Wahlprogrammen abgedeckt wurde. Jedoch ist hier anzumerken, dass die FPÖ sich in ihrem Wahlprogramm für den Ausbau von Erneuerbaren bekennt, die Taten sprechen allerdings andere Worte. Viele Landes- und Gemeindefraktionen der FPÖ mobilisieren stark gegen den Ausbau von Windkraft in einigen Bundesländern und verzögern und verhindern damit den Weg Richtung erneuerbarer Stromversorgung für Österreich.

5. Klare Priorisierung des Ausbaus des Umweltverbunds (Öffentlicher Verkehr, Fahrrad, Fußwege)

Die einzigen beiden Parteien, die den Ausbau des Umweltverbundes nicht priorisieren, sind die ÖVP und die FPÖ. Hier ging aus den Wahlprogrammen klar hervor, dass der Ausbau von (großen) Straßenprojekten Priorität hat. Das Parteiprogramm der ÖVP hat sogar eine Liste von priorisierten Straßenbau-Projekten veröffentlicht. Darunter befindet sich der Lobautunnel, der aus Natur- und Klimaschutzgründen auf gar keinen Fall vorangetrieben werden sollte. “Die ÖVP sticht hier auch negativ heraus, da sie weiterhin an Scheinlösungen wie dem ‘Grünen Verbrenner’ und den e-Fuels für PKWs festhält, obwohl das weder klimatechnisch noch wirtschaftlich sinnvoll ist”, kritisiert Viktoria Auer.

6. Bekenntnis zum Ausstieg von Öl- & Gasheizungen

Eine gesetzliche Regelung für den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen, wird nur von der SPÖ und den Grünen im Wahlprogramm abgedeckt. Während die restlichen Parteien sich zu dem Thema nicht äußern, hält die FPÖ in ihrem Programm an fossilen Energien fest.

7. Sozial gestaltete Klimapolitik und Entwicklung eines Fahrplans zum Kampf gegen Energiearmut

Die soziale Komponente der Klimapolitik wird von der SPÖ und den Grünen besonders detailliert aufgenommen. Auch das Problem der Energiearmut, das durch die Energiekrise nochmal verschärft wurde, möchten die beiden Parteien angehen. Sonst hat sich nur die KPÖ zu dieser Thematik geäußert, jedoch nicht im Detail. Die restlichen Parteien haben auch dieses Thema ausgeklammert.

Wahlen sind eines der wichtigsten Instrumente, wie alle Wahlberechtigten in Österreich die Politik mitbestimmen und Klimaschutz aufs Tapet bringen können.

Reaktion aus der Politik

Unser Wahlprogrammcheck hat zu vielen Reaktionen geführt. Wir freuen uns über Statements von Politiker:innen die klar, deutlich und unmissverständlich sagen, dass die Kernforderungen von GLOBAL 2000 zur Klimapolitik unterstützt werden. Wir freuen uns aber auch über Statements die klar machen, dass Klimaschutz bei einer allfälligen Regierungsbeteiligung eine wichtige Priorität sein wird.

Tobias Schweiger, KPÖ-Spitzenkandidat:

Der Kampf gegen die Klimakrise ist eine der wichtigsten Fragen unserer Zeit. Es geht aus unserem Wahlprogramm hervor, dass wir

  • die Abhängigkeit von fossiler Energie beenden wollen, was nur mittels des Ausstiegs aus allen fossilen Energien möglich ist. Das ist ökologisch und sozialpolitisch notwendig.
  • für den Ausbau der Klimabudgets eintreten. So fordern wir etwa, dass die öffentliche Hand jährlich wenigstens eine Milliarde Euro für Gemeinden zur Verfügung stellen sollte, um erneuerbare Energien im kommunalen Eigentum auszubauen.
  • ein Aus für Öl - und Gasheizungen wollen - nur eben nicht auf Kosten von Mieter:innen, sondern als Anforderung an Vermieter und mit Zuzahlungen des Staates, wo notwendig und
  • dass wir bedingungslos für eine soziale Klimapolitik stehen, weil diejenigen die Lasten der Klimapolitik tragen sollten, die sie auch tatsächlich verursacht haben.

Damit verbunden und darüberstehend gilt natürlich das Ziel, bis 2040 klimaneutral zu sein. Die Formulierung fehlt im Wahlprogramm, das Projekte bis 2029 definiert, aber diese Projekte, die darin definiert sind, sind natürlich auf dieses Ziel ausgerichtet.

Wir haben uns entschieden, ein kurzes Programm zu veröffentlichen, weil das von Menschen tatsächlich gelesen werden kann, die nicht dafür bezahlt werden. Wir sehen keinen Mehrwert in Wahlprogrammen, die totes Papier bleiben, weil sie so überbordend sind, dass sich außer ein paar Expert:innen niemand mehr daran erinnert.

(Ergänzt am 13. September 2024, 17:30 Uhr)

Erläuterung zur Korrektur in der Grafik zum Wahlprogramm-Check

Leider ist uns beim Check der Wahlprogramme bei der KPÖ ein Fehler passiert. Das tut uns leid. Wir haben den Fehler am 16. September 2024 in der Grafik und im Text korrigiert. Was haben wir geändert? Die KPÖ hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass im Kapitel zu Leistbarem Wohnen ein konkreter Vorschlag zu einer Energiegrundsicherung enthalten ist: Haushalte sollen ein Grundkontingent von Strom und Heizenergie gratis bekommen. Wir haben unsere Bewertung überprüft, denn diese Passage hatten wir leider übersehen. Wir sind zum Schluss gekommen, dass sich diese Maßnahme auf die Bewertung einer sozialen Klimapolitik positiv auswirkt. Wir geben deshalb bei der sozialen Klimapolitik der KPÖ einen Daumen nach oben, statt der bisherigen Bewertung einer teilweisen Berücksichtigung.

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