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Klimaschutz in Vorarlberg
Klimaschutz hat in der Bevölkerung Österreichs einen hohen Stellenwert, der mit zunehmenden Wissen um die Gefahr der Klimakrise weiter ansteigen wird. Dementsprechend hat sich die Politik ambitionierte Ziele gesetzt. Viele der Kompetenzen dafür liegen großteils oder teilweise auf der Bundesländer-Ebene. Wie ambitioniert und fortschrittlich Vorarlberg im Bereich Klimaschutz agiert, haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Wir haben uns für den Klimareport sowohl die gesteckten Klimaziele, als auch den Status Quo der einzelnen Bundesländer angesehen. Folgende Analysen bezieht sich auf das Bundesland Vorarlberg. Den gesamten Klimareport mit allen Bundesländern und einen Vergleich mit Österreich könne Sie im GLOBAL 2000 Klimareport nachlesen.
Klimaziele in Vorarlberg
Langfristige Ziele
Das Land Vorarlberg hat sich im Rahmen eines Visionsprozesses im Jahr 2010 das Ziel gesteckt, bis zum Jahr 2050 Energieautonomie zu erreichen. Bis zum Jahr 2050 soll gleich viel Energie aus erneuerbaren Energieträgern bereitgestellt werden, wie verbraucht wird.
Mittelfristige Ziele
Im derzeit laufenden Strategieprozess für 2030 wird über folgende Etappenziele und Maßnahmen diskutiert:
- Reduktion der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2005 um 40 %
- Erreichung des Anteils an erneuerbaren Energien am Gesamtbedarf von 50 %
- Stromversorgung zu 100 % aus erneuerbaren Energien
- Reduktion der Emissionen im Mobilitätsbereich um 36 %
- Umsetzung des Mobilitätskonzeptes mit folgendem Modal-Split-Ziel: Im Jahr 2030 sollen nur mehr 45 % der Wege mit dem motorisierten Individualverkehr zurückgelegt werden. Der Anteil des öffentlichen Verkehrs soll hingegen auf 16 % und jener des Radverkehrs auf 21 % gesteigert werden.
- Keine Installierung von Ölkessel ab 2021 und Halbierung des Bestands von rd. 27.000 bis 2030
- Erreichung einer Sanierungsrate von 3 %
Bereits für die Periode bis 2020 hat sich das Land Vorarlberg Klimaziele gesetzt:
- Reduktion des Endenergieverbrauchs (ohne Kraftstoffexport) um 15 % im Vergleich zu 2005.
- Reduktion der energiebedingten CO2-Emissionen (ohne EH) um 18 % im Vergleich zu 2005.
- Steigerung des Endenergieverbrauchs heimischer erneuerbarer Energien um 18 % im Vergleich zu 2005.
Laut eigener Evaluierung des Landes liegen insbesondere zwei der drei Ziele noch in weiter Ferne:
- Der Endenergieverbrauch (ohne Kraftstoffexport) konnte nicht reduziert werden und war 2017 sogar um 2,7 % höher als noch 2005.
- Die Energiebedingten CO2-Emissionen konnten zwischenzeitlich zwar gesenkt werden (2016: -15,2 %), sind jedoch 2017 wieder angestiegen und waren nur um 2,7 % geringer als noch 2005. Damit ist man weit entfernt von der angepeilten Reduktion der CO2-Emissionen um 18 % gegenüber 2005.
- Auch der Endenergieverbrauch heimischer erneuerbarer Energien ist zwischenzeitlich gestiegen (2016: +21,6 %), war 2017 jedoch nur mehr um 6,3 % höher als noch 2005. Laut eigener Begründung war das Jahr 2017 geprägt durch einen vergleichsweise geringe Wasserkraftproduktion. Dieses Ziel könnte noch erreicht werden.
Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Vorarlberg
In Vorarlberg sind die Treibhausgasemissionen seit 2010 um 3,5 % auf 2,07 Mio. t CO2-e im Jahr 2017 gesunken. Damit konnten die Emissionen im selben Zeitraum nur in Kärnten stärker reduziert werden. Während die Emissionen im Gebäudesektor um 27,6 % auf 0,43 Mio. t und damit in keinem anderen Bundesland stärker gesenkt werden konnten, sind die Verkehrsemissionen jedoch um 9,7 % auf 0,98 Mio. t und damit nur in Tirol stärker angestiegen. Auch in Vorarlberg spielen bei den Verkehrsemissionen “Tanktourismus” und der stark steigende Güterverkehr eine große Rolle
Die Pro-Kopf-Emissionen sind seit 2010 um 8,6 % auf 5,3 t gesunken. Davon werden durchschnittlich 2,5 t im Verkehrssektor und 1,1 t im Gebäudesektor emittiert. Nur in Wien sind die Pro-Kopf-Emissionen noch deutlich stärker gesunken und ebenfalls nur in Wien sind diese derzeit noch deutlich geringer.
Entwicklung des Energieverbrauchs und Anteil erneuerbarer Energien
Auch der Bruttoinlandsverbrauch an Energie konnte in Vorarlberg seit 2010 um 2,4 % auf 44,2 PJ im Jahr 2018 reduziert werden (-1,1 PJ). Damit gehört das Land gemeinsam mit Salzburg und Wien zu den drei Bundesländern, die ihren Verbrauch reduzieren konnten. Während der Verbrauch erneuerbarer Energien nur um 1,3 PJ gestiegen ist (+8,1 %), ist der Verbrauch fossiler Energien gleichzeitig um 2,4 PJ gesunken (-8,4 %).
Der Anteil erneuerbarer Energien konnte um 3,9 %-Pkt. und damit nur im Burgenland und in Kärnten noch stärker gesteigert werden und liegt nun bei 40,5 %. Damit liegt der Anteil erneuerbarer Energien in Vorarlberg deutlich über dem Österreichschnitt.
Ökostrom-Anteil
Der Ökostrom-Anteil an der Produktion liegt insgesamt bei 100 %. Der mit Abstand größte Anteil wird aus Wasserkraft (94,9 %) gewonnen. Weitere erneuerbare Quellen sind die Photovoltaik und die Geothermie (4,0 %) und die Bioenergie (1,1 %). Damit hat das Land den geringsten Bioenergie-Anteil unter den Bundesländern. Auch bei der Sonnenstromproduktion mischt Vorarlberg vorne mit: Pro EinwohnerIn und Jahr werden 239,3 kWh PV-Strom produziert. Nur in der Steiermark ist der Wert noch höher.
Da Vorarlberg allerdings mehr Strom verbraucht, als es produziert, mussten im Jahr 2018 ein Drittel (33,0 % netto) des verbrauchten Stroms importiert werden. Damit importiert nur Wien anteilsmäßig mehr Strom. Der Anteil der inländischen Ökostromproduktion am Stromverbrauch (Bruttoinlandsverbrauch) liegt demnach mit 67,0 % im Bereich des Österreichschnitts.
Wärmewende
Der Anteil der Fermwärmeerzeugung aus erneuerbaren Quellen liegt damit bei 94,3 % und ist nur im Burgenland noch höher. Die Bioenergie hat einen Anteil von 94,2 %. Aus Solar- und Geothermie wird nur sehr wenig Fernwärme gewonnen (< 0,1 %). Der Anteil aus KWK-Anlagen ist mit 10,0 % sehr viel niedriger als in den anderen Bundesländern. In Vorarlberg macht die Fernwärme jedoch nur einen geringen Anteil der Gebäudewärme aus, so sind nur 11,4 % der Hauptwohnsitze ans Fernwärmenetz angeschlossen.
Die thermisch-energetische Sanierungsrate lag in Vorarlberg im Jahr 2018 bei 1,5 % und damit gleichauf mit dem durchschnittlichen Wert der letzten 10 Jahre. Damit liegt man etwas über dem Österreichschnitt von 1,4 % ist aber noch weit weg von der erforderlichen Sanierungsrate von 3 %.
Der Anteil der Wohnsitze mit einem Einzel- oder Zentralheizsystem, das mit fossilen Rohstoffen betrieben wird, liegt bei 43,4 %, wobei 30,8 % mit Heizöl, 12,5 % mit Erdgas und 0,2 % mit Kohle oder heizen.
Damit gehört Vorarlberg zu den Bundesländern mit dem höchsten Anteil an fossilen Heizungen. Beim Anteil der Ölheizungen weist nur Tirol einen höheren Wert auf. 21,0 % der Wohnsitze heizen mit Biomasse. Weitere 16,6 % sind mit einer Wärmepumpe ausgestattet oder nutzen ein solares Heizsystem. Das ist österreichweit der mit Abstand höchste Wert. Die übrigen 7,5 % heizen überwiegend mit elektrischem Strom.
Mobilität
In Vorarlberg werden 52 % der Wege mit dem motorisierten Individualverkehr, 14 % mit dem öffentlichen Verkehr, 16 % mit dem Fahrrad und 18 % zu Fuß zurückgelegt. Damit weist das Land nach Wien gemeinsam mit Niederösterreich den zweithöchsten ÖV-Anteil auf. Der MIV-Anteil ist nur in Wien niedriger und der Rad-Anteil ist österreichweit mit Abstand der höchste.
Der Motorisierungsgrad von 543,7 PKW/1.000 EW ist nur in Wien niedriger und seit 2010 um 7,9 % und damit ebenfalls nur in Wien weniger stark angestiegen. 31,1 % der privaten PKW sind Zweit- bzw. Drittwagen. Auch hier weist nur in Wien einen niedrigeren Wert auf. Der E-Auto-Anteil liegt bei 1,0 % – österreichweit der höchste Wert.
Anreize zum Umstieg auf den öffentlichen Verkehr werden gesetzt: Seit 2014 ist in Vorarlberg für den öffentlichen Verkehr eine landesweit gültige Jahreskarte erhältlich und kostet derzeit 385 €. Nur in Wien ist die Jahreskarte günstiger.
Mit dem Fahrrad fahren die VorarlbergerInnen überdurchschnittliche 1,37 km pro Tag und damit doppelt so viel wie z.B. TirolerInnen – der beste Wert in Österreich.
Mit entsprechender Mobilitätspolitik, lässt sich auch der Flächenverbrauch für Verkehrsflächen eingrenzen: Die gesamte Verkehrsfläche Vorarlbergs hat seit 2010 um 16,3 % zugenommen und beträgt 50 km2. Das ergibt 127 m2 Verkehrsfläche pro EinwohnerIn. Trotz der starken Zunahme ist der Wert nur in Wien deutlich niedriger.
Anteil der Bio-Landwirtschaft
Der Bio-Anteil bei den landwirtschaftlich genutzten Flächen liegt in Vorarlberg bei nur 18,3 % und ist in 3 Jahren (seit 2016) um nur 1,0 %-Pkt. gestiegen. Das ist österreichweit die geringste Zunahme. Nur in Oberösterreich ist der Anteil der Bio-Flächen noch niedriger. Bei den landwirtschaftlichen Betrieben liegt der Anteil bei nur 15,4 % und hat im gleichen Zeitraum um nur 0,8 %-Pkt. zugenommen – der niedrigste Wert.
Unser Kommentar
Vorarlberg orientiert sich bei den Zielsetzungen weitgehend an den Zielen, die sich Österreich gesetzt hat und will darüber hinaus bis 2050 eine Energieversorgung von 100 % erneuerbare Energien erreichen. Um das ambitionierte Ziel der Klimaneutralität 2040 zu erreichen, bedarf es jedoch einer Nachschärfung. Auffällig ist, dass Vorarlberg im Mobilitätsbereich den Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) auf 45 % senken, sowie den Radverkehrsanteil bis 2020 auf 20 % steigern will. Ausgehend von den aktuellen Werten (52 % MIV, 16 % Fahrrad-Anteil) sind das leichte Verbesserungen, die aber dennoch substanzielle weitere Anstrengungen erfordern.
Vorarlberg konnte seine Treibhausgasemissionen gegenüber 2010 zwar leicht senken, allerdings steigen die Emissionen zuletzt wieder an. Problematisch ist der weiter steigende Energieverbrauch und der starke Anstieg der Emissionen im Verkehrsbereich, die nur in Tirol noch stärker angestiegen sind. Hier besteht definitiv weiter Handlungsbedarf. Es braucht eine umfassende Strategie wie in diesem Bereich der Umstieg auf den Umweltverbund noch besser gelingt. Nicht alle Probleme sind hausgemacht: Im Bereich des stark steigenden Güterverkehrs sind geänderte Rahmenbedingungen auf Bundes- und europäischer Ebene notwendig.
Positiv ist der mit 100 % hohe Ökostromanteil in der Stromproduktion. Allerdings importiert Vorarlberg etwa ein Drittel seines Stromverbrauchs, womit die Umweltbilanz stark von der Herkunft der importierten Strommengen abhängt.
Kritisch ist, dass der Anteil fossiler Heizungen mit 43 % äußerst hoch ist. Ähnlich wie in Tirol ist die Fernwärmeversorgung nur schwach ausgeprägt und der Anteil von Ölheizungen mit rund 31 % nur in Tirol noch höher. Mit einer Sanierungsrate von 1,5 % ist man auch in Vorarlberg weit weg von dem Ziel den Anteil auf 3 % zu steigern. Eine neue Sanierungsinitiative inklusive Ölheizung-Reduktion, ist dringend geboten.
Im Mobilitätsbereich schneidet Vorarlberg hingegen relativ gut ab. Der Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) liegt mit 52 % deutlich unter dem österreichischen Schnitt. Nur in Wien ist der Anteil des MIV geringer. Nach Wien weist Vorarlberg auch den höchsten Anteil des öffentlichen Verkehrs auf. Positiv ist in diesem Zusammenhang das landesweite Öffi-Ticket um 385 EUR, das nur in Wien günstiger ist. Dazu wird nirgendwo mehr geradelt als in Vorarlberg. Mit 1,3 km pro Person und Tag ist Vorarlberg hier absoluter Spitzenreiter. VorarlbergerInnen radeln pro Person und Tag doppelt soviel wie TirolerInnen und dreimal soviel wie WienerInnen. Steigende Emissionen aus dem Verkehrsbereich zeigen jedoch, dass auch in diesem Bereich mehr Initiative gefordert ist, insbesondere der zunehmende Güterverkehr wird immer stärker zum Problem und auch die Zunahme von Zweit- und Drittwagen wird zum Problem.
Quellen zu den obigen Infografiken und Zahlen im Text finden Sie im gesamten "GLOBAL 2000 Klimareport - Die Bundesländer in Vergleich".
Klimaprojekte & -initiativen in Vorarlberg
KliNaWo – Klimagerechter Nachhaltiger Wohnbau
Die AK Vorarlberg, der VOGEWOSI, das Energieinstitut Vorarlberg und AlpS (Universität Innsbruck) zeigen mit dem Projekt KliNaWoexternal link, opens in a new tab, dass hohe Effizienz und Nutzung erneuerbarer Energien auch bei knapperem Budget möglich ist. Dafür wurden 60.000 Varianten im Hinblick auf Energiebedarf, CO2-Emissionen, Bau- und Lebenszykluskosten untersucht und jene mit den niedrigsten Lebenszykluskosten schlussendlich auch gebaut.
Radius Fahrradwettbewerb (Vorarlberg radelt)
Bereits seit über 10 Jahren findet in Vorarlberg jährlich der Radius Fahrradwettbewerbexternal link, opens in a new tab statt und seit 2019 gibt es die Motivationskampagne unter dem Namen “Österreich radelt”, koordiniert vom Energieinstitut Vorarlberg, auch in allen anderen Bundesländern. Alle Österreichischen Gemeinden, Unternehmen, Vereine, Organisationen oder Bildungseinrichtungen können sich als Veranstalter registrieren und ihrUmfeld dazu motivieren, regelmäßig aufs Fahrrad zu steigen und einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Vom Frühjahr bis Herbst werden die mit dem Fahrrad zurückgelegten Kilometer mittels App oder Fahrtenbuch gezählt. Für alle TeilnehmerInnen, die über 100 km mit dem Fahrrad fahren, können Preise gewinnen.
Gesamtheitliches Heizungskonzept „Obdorfpark“
Die illwerke vkw hat für das Wohnprojekt „Obdorfparkexternal link, opens in a new tab“ in Bludenz ein Pionierprojekt für die Wärmeversorgung geplant und umgesetzt, das auch ein Anstoß für weitere Projekte dieser Art und Größe sein soll. Durch ein Zusammenspiel von Erneuerbaren Energien aus einer thermischen Solaranlage (70 m2), einer Photovoltaikanlage (240 m2), einer hocheffiziente Hochtemperaturwärmepumpe sowie Erdsonden wird sowohl die Kraft der Sonne als auch Wärme aus der Erde genutzt. Alle Systeme hängen zusammen und werden durch eine smarte Speicher- und Regelungstechnik so gesteuert, dass so viel Leistung als möglich, mit so wenig Energieeinsatz wie nötig generiert werden kann.