19.08.2020

Glyphosat-Verbot Österreich: EU gibt grünes Licht

Verzicht der EU-Kommission auf „ausführliche Stellungnahme“ öffnet Weg für österreichisches Verbot - Französisches Neonikotinoid-Verbot als wegweisender Präzedenzfall.

EU-Verzicht auf Stellungnahme: Glyphosat-Verbot in Österreich möglich

Mit Freude stellen wir fest, dass die EU-Kommission im laufenden Notifizierungsverfahren zum österreichischen Glyphosat-Verbot auf eine „ausführliche Stellungnahme“, und damit auf einen rechtlich relevanten Einspruch verzichtet hat und ihre Kritik am österreichischen Alleingang nur in Form einer rechtlich nicht bindenden „Bemerkung“ einbringt.

Kein Gift auf unsere Felder

GLOBAL 2000 / Martin Aschauer

Die EU-Kommission erklärt den Unterschied zwischen "Bemerkung" und "ausführlicher Stellungnahme" auf ihrer Websiteexternal link, opens in a new tab sehr deutlich. Demnach werden - wie im Falle des Glyphosat-Verbots in Österreich - "Bemerkungen" angewendet, wenn der Entwurf "mit dem Recht der Europäischen Union im Einklang zu stehen scheint". Diese "Bemerkungen" sollen lediglich "so weit wie möglich" bei der Umsetzung berücksichtigt werden. Auch die Parlamentsdirektion bestätigt, dass es sich bei der Rückmeldung durch die EU-Kommission um  keine Blockade des nationalen Glyphosat-Verbots handelt. Das Instrument ("Bemerkung" anstatt "ausführlicher Stellungnahme") wurde demnach bewusst gewählt und damit der Weg hin zu einem österreichischen Alleingang geebnet.

Ein Inkrafttreten des österreichischen Glyphosat-Verbots könnte somit noch vor Ende des Jahres Realität werden. Verzögert wird es allerdings durch eine „ausführliche Stellungnahme“ eines einzelnen EU-Mitglieds, Tschechien, in der von einer Behinderung des freien Warenverkehrs gewarnt wird. Damit hat Tschechien einen Automatismus ausgelöst, der zu einer dreimonatigen Verlängerung der Stillhalteperiode führt. Nach dem 19. November 2020 kann die Bundesregierung jedoch das österreichische Glyphosat-Verbot verabschieden.

Aussagen von Elisabeth Köstinger irreführend

„Die aktuellen Aussagen aus dem von Elisabeth Köstinger (ÖVP) geführten Landwirtschaftsministerium, wonach die EU-Kommission dem österreichischen Glyphosat-Verbot eine klare Absage erteilt hätte, sind daher irreführend und falsch“, erklärt GLOBAL 2000 - Umweltchemiker Helmut Burtscher-Schaden: „Mit dieser Interpretation suggeriert das Ministerium, dass die EU-Kommission einen rechtlich bindende Einwand eingelegt hätte, während sie tatsächlich auf dieses Instrument verzichtet hat.“ GLOBAL 2000 möchte daher die zuständige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger auf das vor zwei Jahren von Frankreich erfolgreich im Alleingang umgesetzte Verbot von Pestizidwirkstoffen aus der Gruppe der Neonikotinoide aufmerksam machen, welches in vieler Hinsicht mit dem österreichischen Glyphosat-Verbot vergleichbar ist.

Französisches Neonikotinoidverbot als Präzedenzfall

Nachdem die französische Regierung den Schutz von Bienen durch die harmonisierte Europäische Pestizid-Zulassung nicht ausreichend gewährleistet sah, hatte sie im Frühjahr 2018 einen Gesetzesvorschlag für ein umfassendes französisches Neonikotinoid-Verbot verfasst und – so wie Österreich beim Glyphosat-Verbot – eine Notifizierungsmitteilung nach Brüssel geschickt.

Auch damals hatte die Pestizidindustrie eine angebliche EU-Rechstwidrigkeit des Gesetzesvorhabens moniert und Frankreich – so wie aktuell auch Österreichexternal link, opens in a new tabmit rechtlichen Konsequenzen im Falle einer Umsetzung gedroht. Wie auch beim aktuellen österreichischen Verfahren hatte die EU-Kommission im Zuge des Notifizierungsverfahrens eine rechtlich bindende „ausführliche Stellungnahme“ nicht für notwendig erachtet und das französische Vorhaben stattdessen nur rechtlich unverbindlich kommentiert.

Stillhalteperiode durch andere EU-Staaten

Eine „ausführliche Stellungnahme“ zum französischen Pestizidverbot hatte jedoch das EU-Mitglied Ungarn eingebracht und damit eine dreimonatige Verlängerung der Stillhalteperiode ausgelöst - wie im österreichischen Fall die Intervention Tschechiens. Frankreich hatte daraufhin das Ende der Stillhalteperiode abgewartet und nach Ablauf der Frist erklärt, dass das Gesetzesvorhaben bei der Europäischen Union nun notifiziert worden ist. Mit 1. September 2018 trat die von Industrie- und Landwirtschaftsverbänden heftig bekämpfte Gesetzesänderung (Artikel 83) in Kraft und führte zum Verbot aller Neonikotinoide und „neonikotinoid-artigen“ Insektizide in Frankreich.

Wir erwarten nun von der österreichischen Bundesregierung, dass diese dem Beispiel Frankreichs folgt und nach Ablauf der dreimonatigen Stillhalteperiode im November diesen Jahrs das österreichische Glyphosatverbot, welches von einer großen Mehrheit des Parlaments und einer noch größeren Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wird, ohne weitere Verzögerung in Kraft setzt.

Thema: