Klimaschutz in Niederösterreich

Klimaschutz hat in der Bevölkerung Österreichs einen hohen Stellenwert, der mit zunehmendem Wissen um die Gefahr der Klimakrise weiter ansteigen wird. Dementsprechend hat sich die Politik ambitionierte Ziele gesetzt. Viele der Kompetenzen dafür liegen großteils oder teilweise auf Bundesländer-Ebene. Wie ambitioniert und fortschrittlich Niederösterreich im Bereich Klimaschutz agiert, haben wir hier für Sie zusammengefasst.

Wir haben uns für den Klimareport sowohl die gesteckten Klimaziele, als auch den Status Quo der einzelnen Bundesländer angesehen. Folgende Analyse bezieht sich auf das Bundesland Niederösterreich. Den gesamten Klimareport mit alles Bundesländern und einem Vergleich mit Österreich können Sie im GLOBAL 2000 Klimareport nachlesen.

Klimaziele von Niederösterreich

Langfristige Ziele

Laut dem Klima- und Energiefahrplan von 2019 ist das langfristige Ziel „ein Erneuerbares Niederösterreich 2050“, mit 100 % Versorgung durch erneuerbaren Energien. Dafür soll der Endenergieverbrauch auf das Niveau der 1990er Jahre reduziert und die Nutzung erneuerbarer Energieträger verdoppelt werden. Die Treibhausgasemissionen sollen bis Mitte des Jahrhunderts um etwa 80 % reduziert werden. Dieses Ziel ist allerdings weit entfernt vom klimawissenschaftlichen Konsens, der eine Reduktion von mindestens 90 – 95 % als notwendig ansieht.

Mittelfristige Ziele

  • Reduktion der Treibhausgasemissionen (ohne EH) um 36 % bis 2030 in Vergleich zu 2005.
  • Stopp des Ersatzes einer alten Ölheizung auf eine neue bis 2025 und Stopp fossiler Brennstoffe zur Raumwärmeerzeugung bis 2040.
  • Deckung des Strombedarfs ab 2015 zu 100 % und schon bis 2020 zu 50 % des Gesamtenergiebedarfs durch erneuerbaren Energiequellen. 

Entwicklung der Treibhausgasemissionen in NÖ

In Niederösterreich sind die Treibhausgasemissionen seit 2010 um 2,7 % auf 11,64 Mio. t CO₂-equ im Jahr 2017 gesunken. Nur Kärnten und Vorarlberg haben im selben Zeitraum stärker reduziert. Während die Emissionen im Gebäudesektor leicht überdurchschnittlich um ein Fünftel auf 1,75 Mio. t gesenkt werden konnten, sind die Verkehrsemissionen etwa im Bundesdurchschnitt um rund 7 % auf 5,18 Mio. t angestiegen. Die Pro-Kopf-Emissionen sind seit 2010 um 5,4 % und damit nur in Wien und Vorarlberg stärker gesunken, sind mit 7,0 t allerdings vergleichsweise immer noch sehr hoch und nur in Kärnten und Oberösterreich noch höher. Davon werden durchschnittlich drei Viertel im Verkehrssektor und ein Viertel im Gebäudesektor emittiert.

 

Niederösterreich: Entwicklung der Treibhausgasemissionen

GLOBAL 2000 / Evelyn Knoll

 

Entwicklung des Energieverbrauchs und Anteil erneuerbarer Energien

Im Gegensatz zu den Treibhausgasemissionen ist der Energieverbrauch (inkl. Verluste und Verbrauch des Energiesektors) in Niederösterreich seit 2010 um 2,1 % auf 260,3 PJ im Jahr 2018 angestiegen (+5,4 PJ).

 

Niederösterreich: Entwicklung des Energieverbrauchs

GLOBAL 2000 / Evelyn Knoll

Während der Verbrauch erneuerbarer Energien zwar um 10,2 PJ gestiegen ist (+13,2 %), ist der Verbrauch fossiler Energien gleichzeitig um nur 4,8 PJ gesunken (-2,7 %). Der Anteil erneuerbarer Energien konnte etwas gesteigert werden und liegt mit 33,6 % etwa im Bundesschnitt.

 

Erneuerbare Energien in Niederösterreich

GLOBAL 2000 / Evelyn Knoll

 

Ökostrom-Anteil

Der Ökostrom-Anteil an der Produktion liegt mit insgesamt 77,3 % im Bereich des Bundesdurchschnitts. Die größten Anteile werden aus Wasserkraft (~45 %) und Windkraft (~24 %) gewonnen. Damit ist Niederösterreich nach dem Burgenland der zweitgrößte Windstromproduzent in Österreich. Weitere erneuerbare Quellen sind Bioenergie (~8 %), Photovoltaik und Geothermie (gemeinsam 2,4 %).

 

Stromproduktion in Niederösterreich

GLOBAL 2000 / Evelyn Knoll

 

Pro EinwohnerIn und Jahr werden 203,7 kWh PV-Strom produziert. Nur in der Steiermark und in Vorarlberg ist der Wert höher.

Da Niederösterreich mehr Strom produziert, als es verbraucht, konnten im Jahr 2018 5,2 % (netto) des produzierten Stroms exportiert werden. Der Anteil der inländischen Ökostromproduktion am Stromverbrauch (Bruttoinlandsverbrauch) liegt demnach bei 81,5 %.

Wärmewende

Der Anteil der Fernwärmeerzeugung aus erneuerbaren Quellen liegt bei 60,9 % wobei hauptsächlich Bioenergie zur Anwendung kommt. Der Anteil aus KWK-Anlagen (Kraft-Wärme-Kopplung) liegt mit 51,8 % unter dem Österreichschnitt. In Niederösterreich sind allerdings mit 16,2 % relativ wenige Wohnsitze an das Fernwärmenetz angeschlossen.

Beim Anteil der Wohnsitze mit einem Einzel- oder Zentralheizsystem, das mit fossilen Rohstoffen betrieben wird, weist NÖ mit 47,4 % österreichweit den höchsten Wert auf. Es wird zwar vergleichsweise weniger mit Heizöl (13,9 %), jedoch relativ viel mit Erdgas (33,1 %) geheizt. Rund ein Viertel der Wohnsitze heizen mit Biomasse. Weitere 8,5 % sind mit einer Wärmepumpe ausgestattet oder nutzen ein solares Heizsystem. Die übrigen 3,5 % heizen überwiegend mit elektrischem Strom.

 

Heizungsarten in Niederösterreich

GLOBAL 2000 / Evelyn Knoll

Die thermisch-energetische Sanierungsrate lag in Niederösterreich im Jahr 2018 bei 1,4 % und damit unter dem durchschnittlichen Wert der letzten 10 Jahre (1,6 %). Damit liegt man im Österreichschnitt. Nur in Salzburg, Tirol und Wien ist die Sanierungsrate niedriger.

 

Sanierungsrate in Niederösterreich

GLOBAL 2000 / Evelyn Knoll

 

Mobilität

In Niederösterreich werden 64 % der Wege mit dem motorisierten Individualverkehr, 14 % mit dem öffentlichen Verkehr, 7 % mit dem Fahrrad und 15 % zu Fuß zurückgelegt. Damit weist das Land nach Wien gemeinsam mit Vorarlberg den zweithöchsten ÖV-Anteil auf. Der Fußwege-Anteil ist allerdings nur in Kärnten und im Burgenland niedriger.

 

Mobilität in Niederösterreich

GLOBAL 2000 / Evelyn Knoll

Der Motorisierungsgrad von 654,4 PKW/1.000 EW ist nur im Burgenland höher und ist seit 2010 um 8,5 % und damit nur in Wien und in Vorarlberg weniger stark angestiegen. 42,6 % der privaten PKW sind Zweit- bzw. Drittwagen. Dieser Wert ist nur in Burgenland und in Oberösterreich höher. Der E-Auto-Anteil liegt etwa im Bundesdurchschnitt bei 0,6 %.

Der vergleichsweise hohe Anteil des öffentlichen Verkehrs ist vermutlich auch durch Pendelströme von und nach Wien gekennzeichnet. Ein flächendeckender Anreiz zum Umstieg in Form einer landesweit gültigen Jahreskarte wird nicht angeboten. Dafür treten die NiederösterreicherInnen überdurchschnittlich stark in die Pedale. Mit dem Fahrrad fahren die NiederösterreicherInnen durchschnittlich 0,73 km pro Tag. Nur in Vorarlberg und in Salzburg wird mehr Fahrrad gefahren.

Dennoch gibt es in Niederösterreich einen großen Flächenverbrauch durch Verkehrsflächen. Die gesamte Verkehrsfläche Niederösterreichs hat seit 2010 um 0,8 % zugenommen und beträgt 630 km². Das ergibt 376 m² Verkehrsfläche pro EinwohnerIn. Nur im Burgenland ist dieser Wert höher.

Anteil der Bio-Landwirtschaft

Der Bio-Anteil bei den landwirtschaftlich genutzten Flächen liegt in Niederösterreich mit 24,4 % unter dem Österreichschnitt, ist aber in 3 Jahren um 6,2 % gestiegen.

 

Niederösterreich: Biolandwirtschaft

GLOBAL 2000 / Evelyn Knoll

Nur im Burgenland und in Wien gab es eine stärkere Zunahme. Bei den landwirtschaftlichen Betrieben liegt der Bio-Anteil mit 22,7 % leicht über dem Schnitt und hat im gleichen Zeitraum um 4,4 % zugenommen.

Unser Kommentar

Das Ziel von Niederösterreich bis 2050 auf 100 % erneuerbare Energien zu setzen ist positiv, allerdings braucht es noch eine Nachschärfung, damit das aktuelle Regierungsziel von Klimaneutralität 2040 erreichbar wird. Eine Treibhausgasreduktion um nur 80 % bis Mitte des Jahrhunderts, wie derzeit im NÖ Klima- und Energiefahrplan vorgesehen, ist nicht kompatibel mit den wissenschaftlich klar formulierten Anforderungen. Die Ergebnisse der Klimawissenschaft belegen, dass nur durch eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 90 bis 95 % die Klimaneutralität erreicht wird. Leider ist Niederösterreich nicht auf Zielkurs, was die selbst gesteckten Ziele angeht. Bis 2020 sollte der Anteil erneuerbarer Energien schon auf 50 % ansteigen, liegt aber bei derzeit etwas mehr als 33 % und damit weit weg vom gesteckten Ziel. Hier muss dringend nachgeschärft werden.

Niederösterreich konnte seine Treibhausgasemissionen in den letzten Jahren seit 2010 leicht reduzieren (-2,7 %), liegt damit aber auch schon im österreichweiten Spitzenfeld. Nur Kärnten und Vorarlberg konnten stärkere Reduktionen in diesem Zeitraum verbuchen. Im Spitzenfeld liegt Niederösterreich aber leider auch was die Pro-Kopf-Treibhausgasemissionen angeht. Hier liegt man mit 7 t CO₂ (ohne Emissionshandel), hinter Kärnten und Oberösterreich im Spitzenfeld, was die größten Emittenten von Treibhausgasemissionen angeht.

Kritisch ist der hohe Anteil an fossiler Energie im Gebäudebereich zu bewerten. Mit einem Anteil von rund 48 % an fossilen Heizungen (Heizöl, Erdgas) weist Niederösterreich den bundesweit höchsten Wert auf. Der politische Beschluss, ab 2025 den Tausch von Öl- auf Ölheizungen nicht länger zu tolerieren, sollte daher vorgezogen werden und um einen klaren Ausstiegsplan aus Gasheizungen ergänzt werden. Auch die niedrige Sanierungsrate sollte dringend Anlass für eine politische Initiative sein.

Was die Mobilität angeht, sieht man in Niederösterreich einen problematisch hohen Motorisierungsgrad, der nur im Burgenland überboten wird. Gleichzeitig hat Niederösterreich nach Wien gemeinsam mit Vorarlberg aber den höchsten Öffi-Anteil und es wird überdurchschnittlich viel mit dem Fahrrad gefahren. Ein umfassendes Paket für umweltfreundlichen Verkehr sollte ausgearbeitet werden, um den Umweltverbund (Bahn, Bus, Fahrrad) in Niederösterreich flächendeckend zu stärken. Im Verkehrsbereich ist darüber hinaus eine Zusammenarbeit auf bundes- und europapolitischer Ebene notwendig, um insbesondere den Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern.

Quellen zu den obigen Infografiken und Zahlen im Text finden Sie im gesamten "GLOBAL 2000 Klimareport - Die Bundesländer in Vergleich".

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Klimaprojekte & -initiativen in Niederösterreich

e5-Gemeinde Großschönau

Die Marktgemeinde Großschönau ist 2011 dem e5-Programm für klimaengagierte Gemeindenexternal link, opens in a new tab beigetreten und war die erste niederösterreichische Gemeinde, die mit 5 „e“ die höchste Auszeichnung erlangte und liegt auch österreichweit im Spitzenfeld. Schon seit 1986 findet in Großschönau die Bioenergiemesse (BIOEM), mit jährlich etwa 20.000 BesucherInnen statt. Zu den wichtigsten Maßnahmen der Gemeinde gehören die Eröffnung der Energie-Erlebniswelt „Sonnenwelt“, die Errichtung des ersten europäischen Passivhausdorfes zum Probewohnen inkl. Kompetenzzentrum für Bauen und Energie.

Windkraft Simonsfeld & Energiepark Bruck an der Leitha

Die Windkraft Simonsfeld AGexternal link, opens in a new tab und der Energiepark Bruck an der Leithaexternal link, opens in a new tab gehören zu den wichtigsten Windstromproduzenten Österreichs. Erstere betreibt neben zwölf Windparks mit insgesamt 86 Anlagen und einer Leistung von über 200 MW auch drei PV-Anlagen. Der Energiepark Bruck an der Leitha betreibt acht Windparks, drei PV-Anlagen, eine Algenproduktion und eine Biogasanlage. In der Biogasanlage werden nachwachsende Rohstoffe und organische Reststoffe aus der Lebens- und Futtermittelindustrie zu Biomethan vergärt, welches anschließend auf Erdgasqualität gereinigt und vollständig in das Gasnetz eingespeist wird. In Kooperation mit der TU Wien betreut der Energiepark Bruck an der Leitha den Masterlehrgang "MSc Renewable Energy Systems".

Photovoltaik-Schwerpunkt in Wolkersdorf

Die Stadtgemeinde Wolkersdorfexternal link, opens in a new tab hat sich ein sehr engagiertes Ziel gesetzt: Bis 2030 sollen Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 12 MW installiert werden. Um die Umsetzung soll sich nun der eigens dafür eingesetzte PV-Beauftragte Fritz Herzog kümmern. Zur Finanzierung einer Anlage auf einem Gemeindegebäude wurde ein spezielles Beteiligungsmodell entwickelt. BürgerInnen haben die Möglichkeit, sich mit eigenen Mitteln zu beteiligen und erhalten dafür 2 % Rendite. Pro Person können zwischen einem und zwanzig PV-Module zu je 250 € erworben werden, welche nach Rückzahlung des Darlehens nach 10 Jahren ins Gemeindeeigentum übergehen. Ein Fokus liegt auch auf dem Wirtschaftspark. Nachdem auf der Dachfläche der Firma Kotányi im Mai 2020 eine 6.500 m² große Anlage mit 990 KW errichtet wurde, haben bereits weitere Unternehmen Interesse bekundet. Landwirtschaftliche Flächen sollen bei der PV-Offensiveexternal link, opens in a new tab hingegen eine untergeordnete Rolle spielen.

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