Wir haben unsere Petition „Wir sind sauer – Nehmt die Klimakrise endlich ernst!“ beendet, denn unsere Forderungen wurden großteils erhört, zumindest am Papier im zukünftigen Regierungsprogrammexternal link, opens in a new tab.
Zur Erinnerung: Wir haben 7 Schritte erarbeitet, die es unserer Meinung nach für ein klimafreundliches Österreich braucht. Jetzt haben wir uns das neue Regierungsprogramm vorgenommen und analysiert.
Besonders erfreulich: Praktisch alle unsere Punkte wurden in irgendeiner Form berücksichtigt. Ein großes Dankeschön dafür an alle die unsere Aktion unterstützt haben! Wieder einmal zeigt sich, ein langer Atem wird belohnt!
Regierungsprogramm "Aus Verantwortung für Österreich" 2020-2024
Doch was genau steht nun zum Klimaschutz im neuen Regierungsprogrammexternal link, opens in a new tab?
Mehr Budget fürs Klima
Unsere Forderung lautete:
„Eine Klimaschutzmilliarde pro Jahr investieren, statt Strafe zahlen. Verfehlt Österreich seine Klimaziele, drohen Strafzahlungen von bis zu 8,7 Mrd. Euro. Für den Gegenwert dieser potenziellen Strafzahlungen, können wir jährlich eine Milliarde Euro investieren. Damit können wir in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und erneuerbarer Energien investieren oder Haushalten bei der Umrüstung alter Ölkessel und der Gebäudesanierung unterstützen.“
Die letzte Regierung hatte noch Kürzungen im Ausmaß von 300 Mio. Euro im Klima- und Energiebereich beschlossen. Im aktuellen Regierungsprogramm wird hingegen an mehreren Stellen darauf eingegangen, dass mehr Mittel für Klimaschutz bereitgestellt werden sollen bzw. Förderprogramme weitergeführt werden sollen: Klimafonds und Umweltförderung (UFI) sollen aufgestockt werden (S. 105). Der Förderschwerpunkt für Sanierung soll weitergeführt werden (S. 109). Für den öffentlichen Verkehr soll es mehr Geld geben: Eine "Öffi-Milliarde" für den Nahverkehr in Ballungsräumen und eine "Öffi-Milliarde" für den Regionalverkehr außerhalb Ballungsräumen sollen kommen. Allerdings ist noch nicht klar, über welchen Zeitraum diese Gelder verteilt sind und wieviel davon zusätzliche Mittel sein werden (S. 125). Beim Radverkehr soll die Bundesfinanzierung (S. 129) ausgebaut werden. Wieviele Mittel das sein werden, wird allerdings noch nicht angegeben.
Unser Fazit:
Das Bekenntnis, dass es zusätzliche Mittel für Klimaschutz geben soll, ist klar enthalten. Wieviel an zusätzlichen Investitionen tatsächlich getätigt werden, bleibt aber noch offen. Wir werden weiter für mindestens eine Klimaschutzmilliarde pro Jahr an zusätzlichen Mitteln im Bundesbudget kämpfen!
Öko-soziale Steuerreform
Unsere Forderung:
„Mit einer öko-sozialen Steuerreform im Umfang von mehreren Milliarden Euro soll fossile Energie höher besteuert, Arbeit steuerlich entlastet werden und insgesamt eine sozial gerechte Umsetzung sichergestellt werden. Förderungen die sich negativ auf die Umwelt auswirken, müssen abgebaut werden. Österreich setzt sich daher auf EU-Ebene für eine Kerosinbesteuerung ein.“
Im letzten Regierungsprogramm war eine öko-soziale Steuerreform nicht enthalten, jetzt widmet sich ein Kapitel dem Thema. Allerdings werden außer dem Umsetzungszeitrahmen, bis 2022, keine genauen Eckpunkte definiert. Festgehalten wird auch, dass sich Österreich für die längst überfällige Kerosinbesteuerung auf EU-Ebene einsetzen wird.
Positiv ist, dass zumindest einige Ökologisierungsschritte davor gesetzt werden sollen. Zum Beispiel wird ein Kampf gegen den Tanktourismus angekündigt. Vor allem die TirolerInnen leiden unter der Transitlawine. Gelingen kann das Vorhaben aber nur mit einer Abschaffung des Dieselprivilegs, das die SteuerzahlerInnen jedes Jahr 700 Mio. Euro kostet. Auch die Ökologisierung der Pendlerpauschale hat bei wirksamer Umsetzung großes Potenzial.
Mit der Vereinheitlichung der Flugticketabgabe werden vor allem Kurz- und Mittelstreckenflüge teurer. Das ist sinnvoll, weil es gerade bei kurzen Strecken oft gute Alternativen zum klimaschädlichen Fliegen gibt. Für einen Lenkungseffekt sind 12 Euro aber viel zu gering. Unverständlich ist für uns, dass Langstreckenflüge günstiger werden sollen. Schon jetzt beträgt die Flugticketabgabe für Langstreckenflüge 17,5 Euro.
Unser Fazit:
Wir begrüßen die Grundsatzeinigung, dass es eine öko-soziale Steuerreform geben soll. Jetzt geht es aber darum, dass diese auch wirksam ist, rasch kommt und sozial gerecht umgesetzt wird. Zusätzlich braucht es schnelle Schritte in ein klimafreundliches Steuersystem, die angekündigten ersten Maßnahmen müssen ambitioniert ausfallen und echte Veränderungen möglich machen.
Ausstieg aus Ölheizungen
Unsere Forderung:
„Nullemissionstechnologien zum Standard machen. Ab spätestens 2030 werden nur noch emissionsfreie Fahrzeuge neu zugelassen. Alte Ölheizungen werden nicht mehr gegen neue ausgetauscht.“
Hier sieht das Regierungsprogramm einen klaren Ausstiegsplan aus Ölheizungen vor (S. 110):
- Aus für Ölheizungen im Neubau ab 2020 (bereits im letzter NR-Sitzung 2019 beschlossen)
- Aus für Ölheizungen beim Heizungswechsel ab 2021
- Verpflichtender Austausch alter Kessel (>25J) ab 2025 Verpflichtender Austausch aller Kessel ab 2035
Weniger ambitioniert zeigt man sich aber beim Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor. Dazu heißt es, dass "ab dem für die Erreichung der Pariser Klimaziele notwendigen Zeitpunkt nur mehr emissionsfreie PKW, [...] neu zugelassen werden" (S. 131).
Unser Fazit:
Der Übergang zu Nullemissionstechnologien wird vorbereitet und ist gerade mit dem Ölheizungsausstieg vielversprechend. Wenn Klimaneutralität 2040 in Österreich erreicht werden soll, dann dürfen aber spätestens im Jahr 2030 keine neuen PKW mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden, weil diese 10 Jahre später noch auf den Straßen sind. Mehr Klarheit ist hier notwendig!
Erneuerbare Energie ausbauen
Unsere Forderung:
„100 % Ökostrom bis 2030 & Efficiency first! Es braucht gute gesetzliche Rahmenbedingungen für den Ausbau erneuerbarer Energie und ein Programm zur Einsparung von Energie.“
Dieses Ziel wird im Regierungsprogramm bekräftigt und ein Erneuerbaren-Ausbaugesetz angekündigt, mit dem Ökostrom ausgebaut werden soll (S. 111ff). Gleichzeitig sollen der Energieverbrauch über eine Reform des Energieeffizienzgesetzes eingedämmt werden (S. 113f).
Unser Fazit:
In beiden Bereichen sind wichtige Ankündigungen vorhanden, die allerdings auch schon von vorangegangenen Regierungen gemacht wurden. Gefehlt hat es bisher an der wirksamen Umsetzung.
Klimaneutralität 2040
Unsere Forderung:
„Klimaneutralität bis 2040 muss in die Verfassung. Der Ausstieg aus fossiler Energie (Kohle, Öl und Gas) wird zum Staatsziel, bis 2040 wird Österreich klimaneutral. Ein entsprechendes CO2-Budget wird im Klimaschutzgesetz verankert.“
Dieses Ziel ist im Regierungsprogramm klar enthalten. Allerdings wird nicht explizit erwähnt, ob es auch in der Verfassung abgesichert werden soll. Es soll aber zur Zielerreichung im Klimaschutzgesetz verpflichtende Reduktionspfade und ein CO2-Budget geben (S. 104).
Unser Fazit:
Es ist das erste Mal, dass eine Regierung in Österreich Ziele formuliert, die mit dem 1,5 °C-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens kompatibel sind. Die Reform des Klimaschutzgesetzes ist eine langjährige Forderung von GLOBAL 2000 und bietet die Chance Klimapolitik in Österreich ganz neu aufzurollen.
Klimaschädliche Projekte stoppen
Unsere Forderung:
„Klimaschädliche Großprojekte, Gesetze und Verordnungen stoppen. Eine Dritte Piste und Tempoerhöhungen auf Autobahnen können wir uns in Zeiten des Klimanotstands nicht leisten.“
Die letzte Regierung hat sich zu einem Ausbau des Flughafens Wien bekannt, sogar zu einer "Drehkreuzfunktion". Das war ein Bekenntnis zum Transitverkehr, der der Wirtschaft in Österreich wenig bringt, aber Bevölkerung und Klimabilanz mit Luftschadstoffen belastet. Im aktuellen Regierungsprogramm gibt es keine Anmerkung zum Ausbau des Flughafens, aber auch keine Ablehnung.
Klar gestellt wird hingegen, dass Tempo 140 wieder abgeschafft werden soll und es stattdessen darum geht die Geschwindigkeit zu reduzieren. Das soll durch verstärkte Kontrollen und weniger Toleranz für Raser gelingen (S. 132).
Unser Fazit:
Negative Symbole wie Tempo 140 werden abgeschafft und das ist gut so. Die Diskussion um die "dritte Piste" wird aber weitergehen.
Sozial gerechte Transformation
Unsere Forderung:
„Sozial gerechte Transformation und globale Verantwortung. BürgerInnen, ArbeitnehmerInnen und lokale Akteure werden an der Umsetzung der Klimapolitik beteiligt und unterstützt. Entwicklungsländer müssen beim Kampf gegen die Klimakrise viel stärker unterstützt werden.“
Dass die notwendigen Veränderungen sozial gerecht stattfinden sollen, ist im Regierungsprogramm enthalten (S. 256). Auch die Unterstützung für Entwicklungsländer im Kampf gegen die Klimakrise soll ausgebaut werden. Der Beitrag zum Green Climate Fund soll dafür "signifikant" erhöht werden (S. 104).
Unser Fazit:
Wir begrüßen die wichtigen Bekenntnisse in diesem Bereich, es kommt aber auf die Umsetzung an!
Und was heißt das jetzt konkret?
Es ist essentiell, dass zusätzliche Mittel für Klimaschutz auch wirklich bereitgestellt werden. Die Ankündigungen sind da, aber wir brauchen mindestens eine Klimaschutzmilliarde im nächsten Bundesbudget pro Jahr, damit die wichtigen Vorhaben auch realisiert werden können. Machen wir uns nichts vor: Jetzt geht es erst richtig los, denn Absichtserklärungen und Grundsatzeinigungen zu Klimaschutz gab es schon viele. Mehr denn je braucht es in der Umsetzung die Stimme von kritischen Menschen und unabhängigen Umweltschutzorganisationen wie GLOBAL 2000. Wir bauen weiter auf Ihre Unterstützung und werden nicht locker lassen, bis alle wichtigen Vorhaben rasch und ambitioniert umgesetzt werden.
Gemeinsam mit Ihnen und tausenden anderen konnte die Zivilgesellschaft in Österreich das Thema Klimaschutz im letzten Jahr ganz oben auf die Agenda setzen und zu dem Thema schlechthin machen. Das muss uns heuer wieder gelingen, damit sich Klimaschutz nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung, sondern auch im Budget und in den Gesetzen niederschlägt. Als Partner des Klimavolksbegehrens möchten wir auch da ein starkes Signal setzen. Unterstützen Sie daher das Klimavolksbegehrenexternal link, opens in a new tab und machen es zu einem Startschuss in eine Klimaschutzdekade für Österreich!