06.06.2023

Echte Pestizidreduktion statt leere Gentech-Versprechen

Konservative Politiker:innen torpedieren die EU-Pestizidreduktion und fordern gleichzeitig die Deregulierung des EU-Gentechnikrechts für Neue Gentechnik (NGT). foodwatch Österreich, GLOBAL 2000 und Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) warnen vor politischem Kuhhandel.

Erhöhter Pestizideinsatz bei NGT-Pflanzen

Die EU-Kommission plant, die Deregulierung der Neuen Gentechnik (NGT) mit der EU-Pestizidreduktion als “Package-Deal” zu verkaufen. Eine aktuelle Analyse von foodwatch Österreich zeigt jedoch, dass die hypothetischen Versprechen von neuen schädlings- oder krankheitsresistenten NGT-Pflanzen ein Ablenkungsmanöver sind.

In Ländern mit hohem Anteil an gentechnisch veränderten Sorten wurde seit deren Einführung vor 25 Jahren der Pestizideinsatz sogar vervielfacht. Der Grund dafür ist, dass NGT zu einer höheren genetischen Uniformität führt, was wiederum einen höheren Pestizideinsatz zur Folge hat.

Eine Deregulierung des EU-Gentechnikrechts würde Agrarkonzernen wie Bayer oder Corteva eine noch stärkere Kontrolle über unser Saatgut geben. Das Geschäftsmodell von herbizidresistenten Saatgut inklusive Pestiziden im Paket würde außerdem gestützt werden.

Die Verlierer:innen dieses toxischen Deals sind:

  • Umwelt und Biodiversität
  • Konsumentinnen und Konsumenten
  • Bäuerinnen und Bauern

Die EU ist jetzt gefordert, rasch ein ambitioniertes Gesetz zur verbindlichen Reduktion von Pestiziden sowie ein sinnvolles Messinstrument der Pestizidreduktion auf den Weg zu bringen.

Default Bild GLOBAL 2000

In Brasilien hat sich der Pestizidabsatz seit 2000 mehr als vervierfacht. Wenn es um die Reduzierung von Pestiziden in der Europäischen Union geht, ist das Potenzial der NGT derzeit nahezu gleich null. Das Potenzial einer Pestizidreduktion durch vorbeugenden Pflanzenschutz und ökologische Aufwertung liegt dagegen bei 60 bis 100 Prozent.

Lars Neumeister, Studienautor und Pestizid-Experte von foodwatch Österreich

Große Geschäfte auf Kosten anderer

Am 5. Juli 2023 wird der Gesetzesvorschlag für das EU-Gentechnikrecht erwartet.

Es droht, dass die EU-Kommission NGT-Pflanzen unter dem Vorwand der Pestizidreduktion dereguliert. NGT-Pflanzen sollen daher künftig ohne Kennzeichnung und ohne ausreichende Risikoprüfung auf den Markt kommen.

Konservative EU-Politiker:innen torpedieren den Gesetzesentwurf der EU-Pestizidreduktion in den aktuellen Verhandlungen im EU-Parlament und -Rat.

Diagramm zu den Verkäufen der Saatgut- und Pestizidunternehmen

foodwatch

Gelingt es der EU-Kommission das bestehende EU-Gentechnikrecht aufzuweichen, werden Großkonzerne NGT nutzen, um Saatgut über Patente zu kontrollieren. Außerdem würden landwirtschaftlichen Betriebe zu 100 % von Großkonzernen abhängig gemachen werden.

Diese Unternehmen gehören zu den größten Verkäufern von Pestiziden und profitieren vom neuen Geschäftsmodell:

    • BayerCropScience
    • Syngenta
    • Corteva
    • BASF

Brigitte Reisenberger

Die EU-Kommission darf sich nicht auf diesen politischen Kuhhandel einlassen, denn er basiert auf den falschen Versprechen der Agrarlobby. Neue Gentechnik-Pflanzen treiben den Pestizideinsatz in die Höhe und befeuern die Biodiversitätskrise. Für eine resiliente, vielfältige und klimaangepasste Landwirtschaft sowie die Sicherung der landwirtschaftlichen Produktion für die nächsten Generationen, braucht es eine starke, gesetzlich verankerte Pestizidreduktion und weiterhin eine strenge Regulierung und Risikoprüfung von Neuer Gentechnik-Pflanzen.

Brigitte Reisenberger von GLOBAL 2000

Die echten Lösungen liegen am Tisch

Geringe Diversität ist eine Bedrohung für die Ernährungs- und Versorgungssicherheit. Denn biotische oder abiotische Stressfaktoren können in Monokulturen leichter einen Totalverlust verursachen.

Eine große Vielfalt auf unseren Feldern und lokal angepasste, robuste Sorten sind der Schlüssel für eine Landwirtschaft, die effektiv dazu beiträgt, die Klima- und Biodiversitätskrise zu bewältigen!

Default Bild GLOBAL 2000

Mit weniger oder sogar ohne chemisch-synthetische Pestizide zu arbeiten ist möglich – das zeigt die Bio-Landwirtschaft. Auch der integrierte Pflanzenschutz setzt zunächst auf Prävention und Förderung von Nützlingen. So kann schon eine breitere und vielfältige Fruchtfolge zu weniger Schaderregern beitragen. Gentechnisch veränderte Pflanzen mit einer eingefügten Herbizidresistenz helfen dagegen sicher nicht. Ganz im Gegenteil: Ihr mit mehr Pestizideinsatz verbundener Anbau schädigt die Biodiversität weiter. Die Wahlfreiheit für eine ökologische, gentechnikfreie Landwirtschaft, aber auch für Verbraucher:innen, ist nur mit einem starken Gentechnikgesetz gesichert.

Pia Voelker vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)

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