03.12.2024

Mineralwassertest: TFA auch in "unberührten" Mineralwässern

Ewigkeits-Chemikalie TFA auch in „unberührten“ Mineralwässern. Wissenschaftler:innen sehen globale Bedrohung. EU-Kommission will Verbot von Pestiziden aufgrund von TFA vorschlagen.

Nachdem in den letzten Monaten viele Fakten über die europaweite Belastung von Flüssen und Leitungswasser mit der Ewigkeits-Chemikalie TFA (Trifluoracetat) bekannt wurden, fanden GLOBAL 2000 und PAN Europe jetzt auch TFA in der Hälfte der europaweit getesteten Mineralwässern.

Und das, obwohl diese von Gesetz wegen aus geschützten und unberührten, oft mehrere hundert Meter tief liegenden, Grundwasserkörpern stammen. Nun wird die EU-Kommission im am 2. Dezember 2024 stattfindenden EU-Lebensmittelausschuss (SCOPAFF) erstmals Vorschläge vorlegen, um die erneute Zulassung der Pestizid-Wirkstoffe Flufenacet und Flutolanil zu verweigern. Diese beiden Pestizide gehören zur Gruppe der PFAS-Pestizide, die die Hauptquelle für die TFA-Kontamination im europäischen Grund- und Trinkwasser sind. Argumentiert wird das Verbot von der EU-Kommission, wie im Falle von Flufenacet mit dem „hohen Potenzial für eine Grundwasserkontamination“ durch TFA und damit, dass TFA als „toxikologisch relevanter Metabolit gilt, da seine intrinsischen Gefahreneigenschaften in Bezug auf die Entwicklungstoxizität Anlass zur Sorge geben“.

Wissenschaftler:innen sehen globale Bedrohung

Die Tatsache, dass TFA alle Umweltbereiche in Konzentrationen durchdringt, die um Größenordnungen höher sind als die anderer PFAS – und auch jedes anderen Pestizids oder Metaboliten – hat führende Wissenschaftler:innen kürzlich dazu veranlasst, Alarm zu schlagen. In ihrem Artikelexternal link, opens in a new tab warnen sie davor, dass die irreversible Anreicherung von TFA in der Umwelt eine globale Bedrohung darstellt, und betonen die Notwendigkeit verbindlicher Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen von TFA und seiner zahlreichen Vorläufer.

„Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Verbot der beiden PFAS-Pestizide sind von Gesetz wegen notwendig“, sagt Salomé Roynel, politische Referentin bei PAN Europe. “Es ist ein entscheidender Schritt zur Reduzierung der TFA-Emissionen. Es gibt keinen Platz für fortpflanzungsgefährdende Rückstände in unserem Wasser und unseren Lebensmitteln. Wir fordern die Mitgliedstaaten auf, sich an Recht und Gesetz zu halten und der Wissenschaft zu folgen und diese Verbote rasch zu verabschieden.“

Eine Grafik, die zeigt, dass die Hälfte aller EU-weit getesteten Mineralwässer und Quellwässer TFA enthält.
GLOBAL 2000

Die Hälfte aller EU-weit getesteten Mineralwässer und Quellwässer enthält TFA.

Foto von Helmut Burtscher-Schaden

„Jahrelang blieben die Forderungen europäischer Wasserversorger, Wissenschaftler:innen und Umweltschützer:innen nach einem vorsorglichen Umgang mit grundwassergefährdenden Schadstoffen ungehört. Als Folge sehen wir uns jetzt mit TFA-Belastungen konfrontiert, die bereits in tiefgelegene Mineralwasserquellen hineinreichen. Diese Belastungen drohen laut führenden Wissenschaftler:innen die Belastungsgrenzen des Planeten zu überschreiten. Manche Konsequenzen sind bereits heute gravierend. Für Mineralwasserabfüller könnten sie sogar existenzbedrohend sein.”

Helmut Burtscher-Schaden, GLOBAL 2000-Umweltchemiker

Wasserversorger und Mineralwasserabfüller unter Druck

Dass TFA nun als toxikologisch relevanter Metabolit (Abbauprodukt) von PFAS-Pestiziden gilt, versetzt öffentliche Wasserversorger in eine rechtlich (und teilweise auch wirtschaftlich) unsichere Situation. Denn für relevante Metaboliten gilt ein Trinkwassergrenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter. Doch der wird in fast allen Grundwasserkörpern der EU mittlerweile um ein Vielfaches überschritten.

Auch Mineralwasserabfüller stehen vor großen Herausforderungen: Ihre Produkte verkörpern nicht nur das Image unberührter und ursprünglicher Reinheit, sondern sind auch gesetzlich verpflichtet, diesen Standard zu erfüllen. TFA dringt jedoch bereits in hunderte Meter tiefe Grundwasserkörper ein, von denen man annahm, dass sie aufgrund ihrer Tiefe vor dem Risiko einer Verschmutzung geschützt sind.

Von PAN Europe-Mitgliedern durchgeführte Tests ergaben, dass 10 von 19 Mineralwässern TFA-Konzentrationen enthielten, die über der Bestimmungsgrenze lagen, wobei die Werte von „unterhalb der Bestimmungsgrenze“ (<50 ng/L) bis zu 3.200 Nanogramm pro Liter (ng/L) reichten – das 32-fache des Grenzwerts für relevante Metaboliten im Trinkwasser. Belastungen über der Bestimmungsgrenze wurden auch in zwei der fünf beliebtesten österreichischen Mineralwassermarken gefunden.

Minimum € 5

Für ein Verbot von Ewigkeitschemikalien

Unterstützung der nötigen Maßnahmen durch Österreich wichtig

Die Sitzung des EU-Lebensmittelausschusses (SCOPAFF) am 4. und 5. Dezember ist eine entscheidende Gelegenheit, die Weichen zu stellen, um einen weiteren Anstieg der TFA-Belastung unserer Gewässer und unseres Trinkwassers einzudämmen. GLOBAL 2000 appelliert daher gemeinsam mit dem Pestizid Aktions-Netzwerk PAN Europe an die Mitgliedstaaten und insbesondere an den verantwortlichen Minister Norbert Totschnig: “Tragen Sie dazu bei, dass die vorgeschlagenen Verbote für die PFAS-Pestizide Flufenacet und Flutolanil rasch wirksam werden. Die Uhr tickt!”.

Eine Grafik, die zeigt, dass 2 von 5 österreichischen Mineralwässern die Ewigkeits-Chemikalie TFA enthalten: Gasteiner und Waldquelle.
GLOBAL 2000

2 von 5 getesteten, österreichischen Mineralwässern enthalten die Ewigkeits-Chemikalie TFA.