27.05.2024

TFA in Wasser: Schmutziges PFAS-Erbe unter dem Radar

Ewigkeits-Chemikalie aus Pestiziden für größte europaweite Wasserkontamination hauptverantwortlich. Rasche und entschlossene Maßnahmen von Politik gefordert!

Cover des neuen Reports von GLOBAL 2000 und PAN EUROPE

GLOBAL 2000 / PAN EUROPE

Gemeinsam mit dem Europäischen Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN Europe) führten wir eine Stichprobenuntersuchung von 23 Oberflächen- und sechs Grundwässern aus zehn EU-Ländern durch. Darunter sind 10 Wasserproben von österreichischen Flüssen.

Alle Proben weisen eine besorgniserregend hohe Belastung durch die wenig bekannte und weitgehend unregulierte Ewigkeits-Chemikalie TFA (Trifluoracetat) auf. Dabei handelt es sich um ein Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden und anderen Ewigkeits-Chemikalien (PFAS).

Das Ausmaß der Kontamination ist alarmierend und erfordert entschiedenes Handeln! Die Ergebnisse werden im Report “TFA in Wasser” im Detail dargestellt.

Was sind PFAS?

Erfunden wurden PFAS bereits um 1950. Seither sind die Ewigkeits-Chemikalien in immer mehr Konsumgütern enthalten, wie in der Antihaftbeschichtung von Backformen, in Fast-Food-Verpackungen, aber auch in Kältemitteln und Feuerlöschern. Selbst beim Wandern oder Skifahren begegnen uns die PFAS-Chemikalien: sie sind in der Imprägnierung von Outdoor-Bekleidung und im Skiwachs. Aber eben auch in Pestiziden, wie wir kürzlich aufgedeckt haben.

PFAS-Chemikalien gelangen so direkt in Böden, ins Grundwasser und auf unsere Teller. Es gibt inzwischen über 10 000 der unzerstörbaren Substanzen. Die meisten von ihnen sind noch nicht einmal genau erforscht, alle bisher untersuchten aber gesichert schädlich. Und sie reichern sich immer weiter an.

 

Warum sind PFAS gefährlich?

  1. Eine Hand ist abgebildet, die ein Glas zu einem goldenen Wasserhahn hält. Aus dem Wasserhahn fließt Wasser in das Glas.

    GLOBAL 2000

    Sie sind überall. Über das Essen, das Wasser und die Muttermilch gelangen sie bis in den menschlichen Körper.

  2. Sie reichern sich an. Die Belastung der Umwelt und des Menschen mit PFAS nimmt stetig zu.
  3. Sie bleiben. PFAS gehören zu den stabilsten Verbindungen überhaupt, man kann sie weder herausfiltern noch zerstören.

Das sind die Folgen der Ewigkeits-Chemikalien für den Menschen:

  • Hormonelle Veränderungen bis hin zu Fruchtbarkeitsstörungen und Missbildungen
  • Schädigung des Immunsystems
  • Schädigung der Leber und des Fettstoffwechsels (wie etwa Fettleibigkeit)
  • Ein erhöhtes Krebsrisiko
  • Über 20 % der Kinder haben bereits PFAS-Konzentrationen über dem gesundheitlichen Richtwert im Körper

Auswirkungen von TFA wenig erforscht

Obwohl TFA das persistente Endprodukt von geschätzten 2.000 PFAS-Verbindungen ist, gibt es nur wenig Forschung über seine Toxizität für die Umwelt und den Menschen, wie Dr.in Pauline Cervan, Toxikologin bei Générations Futures erklärt: „Hinweise auf gefährliche Eigenschaften von TFA förderte kürzlich eine von der Industrie selbst in Auftrag gegebene tierexperimentelle Studie zutage, in der TFA schwere Missbildungen bei Kaninchenbabys, deren Mütter während der Schwangerschaft TFA ausgesetzt waren, verursachte. In den letzten Jahren haben die europäischen und US-amerikanischen Behörden ihre Toxizitätsbewertungen für einige relativ gut untersuchte PFAS wiederholt revidiert und Grenzwerte im einstelligen Nanogrammbereich festgelegt. Wir können nur hoffen, dass sich TFA letztlich nicht als ähnlich toxisch erweist.“

Ergebnisse des Tests

Der aktuelle Bericht befasst sich mit dem terminalen Abbauprodukt der PFAS-Pestizide, der hochpersistenten Chemikalie Trifluoracetat (TFA). Es wurden 23 Oberflächenwasser- und sechs Grundwasserproben aus zehn EU-Ländern auf Rückstände von TFA und anderen PFAS untersucht.

Ergebnisse kurz und knapp zusammengefasst:

  1. PFAS waren in allen Wasserproben nachweisbar. Über 98 Prozent der nachgewiesenen PFAS-Belastung kommt von TFA.
  2. 79 Prozent der Proben wiesen TFA-Werte auf, die den in der EU-Trinkwasserrichtlinie vorgeschlagenen Grenzwert von 500 ng/l (Nanogramm pro Liter) für “PFAS gesamt” übersteigen.
  3. Keines der anderen 23 PFAS, die in dieser Studie analysiert wurden, überschreiten ihre jeweiligen, in der EU-Trinkwasserrichtlinie vorgeschlagenen Grenzwerte.
  4. Die in den Wasserproben gefundenen TFA-Konzentrationen belaufen sich im Durchschnitt auf 1.180 Nanogramm pro Liter (ng/l). Das ist 70 Mal mehr als die Summe aller anderen gemessenen PFAS-Konzentrationen, einschließlich bekannter "Hot-Spot-PFAS”external link, opens in a new tab, zusammengenommen (17,5 ng/l).

Die im Oberflächen- und Grundwasser gefundenen TFA-Werte stellen die größte bekannte flächendeckende Wasserkontamination durch eine menschgemachte Chemikalie dar! Das Ausmaß der gefundenen Kontamination ist das Ergebnis eines politischen Versagens auf vielen Ebenen.

Foto von Helmut Burtscher-Schaden

Erfreulicherweise weisen die österreichischen Flüsse im Vergleich mit den meisten anderen EU-Ländern deutlich niedrigere TFA-Belastungen auf. Getrübt wird die Freude allerdings dadurch, dass die Belastungen insgesamt - auch in Österreich - inakzeptabel hoch sind. Zwei der drei untersuchten Grundwasserproben und die Hälfte der untersuchten Fließgewässer überschreiten auch in Österreich den in der EU-Trinkwasserrichtlinie vorgeschlagenen Grenzwert für die Gesamtbelastung durch PFAS.

 

Helmut Burtscher-Schaden, Biochemiker bei GLOBAL 2000

Es fehlen Grenzwerte und Untersuchungen

Zwar plant die EU ein Gruppenverbot von über 10.000 Ewigkeits-Chemikalien, aber PFAS-Pestizide sollen von der Regulierung ausgenommen werden. Doch gerade sie hinterlassen ewige Chemikalien in unserem Wasser. Die Behörden ignorieren das Problem. In Österreich fehlen sowohl Grenzwerte als auch Untersuchungen!

Gemeinsam für eine gesunde Zukunft

Das Ausmaß der in den Wasserproben gefundenen TFA-Kontamination erfordert rasche und entschlossene Maßnahmen.

Das sind jetzt die wichtigsten Aufgaben: 

  • Schnelles Verbot von PFAS-Pestiziden, indem die Persistenz eines synthetischen Wirkstoffs oder seiner Metaboliten als inakzeptable Auswirkung auf die Umwelt betrachtet wird
  • Einführung der neuen Gefahrenklassen Persistent, Mobil und Toxisch (PMT) und sehr Persistent und sehr Mobil (vPvM) in die EU-Pestizidverordnung
  • Umsetzung der allgemeinen PFAS-Beschränkung im Rahmen der REACH-Chemikalienverordnung
  • Einstufung von TFA als „prioritärer Stoff“ im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie
  • Überwachungspflichten und Grenzwerte für TFA

Wir setzen uns dafür ein, dass Politiker:innen die richtigen Entscheidungen treffen und liefern die Daten und Argumente, damit die Biolandwirtschaft besser unterstützt wird, denn sie verzichtet auf synthetische Pestizide.

BITTE HELFEN SIE MIT IHRER SPENDE! JEDER GESPENDETE EURO ZÄHLT!

Minimum € 5

Für ein Verbot von Ewigkeitschemikalien

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